Sternal – Grenadier – Burgwinkel | 13.12.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Bei den in unregelmäßigen Abständen im Birdland in Neuburg unter der Bezeichunung „Art Of Piano“, stattfindenden Konzerten steht der dortige Flügel im Mittelpunkt. Man hat im Rahmen der Reihe schon beeindruckende Auftritte zuhauf erlebt und dieser Abend ist wieder mal so einer. Sebastian Sternal sitzt an den Tasten, begleitet wird er von Larry Grenadier am Kontrabass und Jonas Burgwinkel am Schlagzeug. Und wahrlich, dieses Trio hat es in sich und dessen Musik auch.

Kompositionen von betörender Eleganz sind zu hören, spröde Schönheit und gleichzeitig opulenter Facettenreichtum zeichnen sie aus, weite Spannungsbögen, eine immense Dynamik und natürlich das perfekte Zusammenspiel der drei Akteure. Der Löwenanteil dessen, was man im Verlauf der beiden Sets geboten bekommt, stammt vom Album „Home“, das ebenso wie das Konzert belegt, dass diese drei Herren, die bereits mit Pat Metheny, Joshua Redman und Brad Mehldau zu Berühmtheit gelangten (Grenadier), für Großproduktionen unter dem Namen „Sternal Symphonic Society“ mehrfach mit Echos ausgezeichnet wurden (Sternal) und mit Größen wie John Scofield und Lee Konitz zusammengearbeitet haben (Burgwinkel), eine Großmacht der Abteilung Piano-Trio sind.

Von Sternal stammen die Stücke, deren Melodien sich ins Bewusstsein des Hörers schleichen, aber mehr Orientierungspunkte sind als Ohrwürmer, und sich mit großer Eleganz auf dem Grat zwischen Komplexität und Klarheit bewegen. Burgwinkel ist als Spezialist für Polyrhythmik, für verzweigte und verästelte Grooves und für Verdichtungen mit höchsten Schwierigkeitsstufen geradezu eine Offenbarung. Nach dem, was er im Birdland offeriert, gehört er sicherlich zu den führenden europäischen Jazzdrummern überhaupt. Und Larry Grenadier ist ja bekanntermaßen sowieso immer dann besonders beeindruckend, wenn er sich und seine Versiertheit in musikalischen Dreieckskonstruktionen präsentieren kann.

Höhepunkte gibt es zuhauf. Die weit ausholenden Siebenmeilenstiefel auf Basis eines feinsten rhythmischen Gespinsts bei Cole Porters „You Do Something To Me“ – einer der wenigen Adaptionen – , die griffigen Patterns bei Alias, das dem Perkussionisten Don Alias gewidmet ist, dann „Place Dauphine“, benannt nach dem Ort im Herzen von Paris, den Sternal und Birdland-Chef Manfred Rehm gleichermaßen lieben, schließlich eine hinreißende Miniatur namens „Winter“, die eigentlich alles aussagt über die Schönheit einer Jahreszeit, der man oftmals nachsagt, sie sei lediglich kalt und unwirtlich. Und mit dem „Twin Song“ in der Zugabe wird’s schließlich sogar bereits ein klein wenig weihnachtlich. Dieser Titel beschließt die CD und auch das Konzert und ist das optimale Finale eines wunderbaren Konzerts. An dieser Stelle wird einem so richtig bewusst, was „Home“ eigentlich bedeutet, nämlich das Gefühl, angekommen und gut aufgehoben zu sein. Danach folgt nichts mehr. Und das ist gut so.