Eine Jazzband und ein Streichquartett gemeinsam auf einer Bühne? Diese Kombination ist zwar kein Novum im Jazz, aber alltäglich ist sie auch nicht. Im Birdland wird man an diesem Samstagabend Zeuge, wie Stephan Mattner (Tenor- und Sopransaxofon), der früher auch schon mal mit einem Piano-Saxofon-Duo und einem am Heavy Metal orientierten Trio für Aufsehen sorgte, den Versuch unternimmt, zwei Ensembles zu einer wirklichen Band zu vereinen.
Im ersten Set geben Gitarrist Philipp van Endert, Bassist Sebastian Räther und Schlagzeuger Jo Beyer den Ton an und die Richtung vor. Zusammen mit ihrem Chef drücken sie die zwar anwesenden, aber nur selten aktiv eingebundenen Damen an den Streichinstrumenten akustisch an die Wand. Julia Brüssel und Zuzana Leharovà (Violine), Pauline Buss (Viola) und Beate Wolf (Violoncello) werden nur zur harmonischen Unterstützung gebraucht. Zudem gehen ihre Beiträge gerade in der Anfangsphase des Konzerts wegen der akustischen Übermacht von Schlagzeug und E-Gitarre allzusehr unter.
Nach der Pause ändert sich das Bild. Jetzt werden die beiden Gruppierungen zu einer echten Gruppe, aus zwei bis dato fast unabhängig voneinander agierender Ensembles wird eine richtige Band. Die langen, teils in Form von Suiten angelegten, farbenreichen und von Ästhetik geprägten Kompositionen gewinnen durch die nun auch tatsächlich praktizierte Gleichberechtigung oder sogar Stabübergabe an die Streicherfraktion durchaus an Leben, jetzt wird das gesamte Potential des Oktetts erst richtig sichtbar. Verfolgt man nun nämlich die fließenden Linien von „The Witch Hunt“, spürt man der Emotionalität von „Purity“ nach, weiß man erst, was man das erste Set über vermisst hat. Ja, diese vier Streicherinnen bringen Leben in die Bude, nun auch in solistischer Hinsicht. Beiseitegeschoben ist der anfängliche Eindruck, man lausche hier konzeptioneller, am Reißbrett entworfener Musik, die zwar in kompositorischer Hinsicht höchsten Ansprüchen genügt, der aber doch das letzte Quäntchen Lebendigkeit abgeht.
Was nimmt man mit nach diesem Abend? Die Erkenntnis, dass die angestrebte Zusammenführung und Vereinigung von Jazzband und Streichquartett bestens klappt, sofern nicht eine Seite über die andere bestimmen will. Vor allem das zweite Set des Abends ist der Beweis dafür. Das erfahrene Birdland-Publikum, das ja nun weiß Gott schon waghalsige und nicht alltägliche Kombinationen zuhauf erlebt hat, weiß diese Erfahrung durchaus zu schätzen. Und am Ende passt dann alles. Es gibt heftigen Schlussapplaus und auch der Ruf nach Zugabe bleibt nicht vergebens.