Stephan Holstein Quintet | 26.02.2000

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

„Tribute to Benny Goodman“ war das Konzert des Stephan Holstein Quintet im Neuburger Birdland Jazzclub überschrieben. Und die Swing-Fans waren in Scharen in den Keller unter der Hofapotheke gepilgert um die – gänzlich unverstärkte – Musik eines Mannes zu hören, der zu seiner Zeit etwa so ein Star war wie heute ein Michael Jackson. Es gelang mehr als ein nur ein respektvoll gezollter Tribut.

Stephan Holstein und seine Mannen wirken wie Zeitreisende, die das Lebensgefühl und die Musik der Swing-Ära live und direkt ins Heute transportieren. Keine Traditionalisten kommen hier daher, die erst mühsam eine Staubschicht von dem abwischen müßten, was sie dem Publikum zu präsentieren gedenken. Holsteins Tribute to Benny Goodman gibt sich auch nicht als eine jener geschmäcklerischen Hommagen, die derzeit landauf landab die diversen runden Geburtstage der Großen des Jazz zur Verwertungsmasse machen und dabei nicht immer halten, was sie versprechen. Wenngleich tatsächlich im letzten Jahr anläßlich des 90. Goodmans vom BR aus der Taufe gehoben, zeichnet sich dieses Quintet dadurch aus, daß es sich mit seinem Projekt identifiziert, sich wirklich ganz auf die Musik „seines“ Jubilars einläßt, durchaus reflektiert und mit dem nötigen Abstand, ohne den der geschuldete Respekt gar nicht möglich wäre, aber doch ganz und gar. „I got Rhythm“ kommt weich und phantasievoll swingend, „Lullaby in Rhythm“ einfühlsam und intensiv. Bei „Dizzy Spells“ legt Falk Willis am Schlagzeug einen treibenden Groove vor und die Band gibt dem Affen Zucker, während „Memories of You“ wieder als wunderbar zurückhaltend leise Ballade in den Keller klingt. Die fünf Akteure auf der Bühne des Birdland brauchen nichts zu entstauben, weil sie alles so frisch und lebendig darstellen, daß in keiner Sekunde museale Gefühle aufkommen. Nicht zuletzt sorgt dafür auch ein kleines Intermezzo mit einem Goodman gewidmeten Stück von Bela Bartok, das einem Swing erwartenden Publikum zu unterbreiten auch von einem Stück Mut zeugt.

Der Augsburger Stephan Holstein hat inzwischen in die absolut erste Reihe europäischer Klarinettisten aufgeschlossen, schmiegsam, anmutig, lyrisch. Heinz Frommeyers unaufdringliche Präsenz am Piano und Thomas Stabenows souveränes Baßspiel haben großen Anteil am Gelingen des Abends, und die Brücke zu der Generation, die noch ein Stück der Großen Zeit des Swing miterlebt hat, schlägt der famos agierende Vibraphonist Wolfgang Schlüter.