Dieses Quintett schenkte dem Publikum kurz vor Weihnachten im Birdland Jazzclub einen speziellen Abend. Selten finden sich fünf Musiker zusammen, die in dieser Intensität die Kunst des Pianissimo, des Piano und gelegentlich auch des beschwingten Forte zelebrieren. Die Zuhörer erleben die große Kraft der sanften Töne.
Nirgends knallt ein vorlauter Ton des Schlagzeugs (Michael Keul) ins Hofkellergewölbe, von der Klarinette (Stephan Holstein) sind keine scharfen Spitzen zu vernehmen. Der auch in den virtuosen Passagen auf sanft-präzise Weise musizierende Pianist (Bernhard Pichl) kostet den feinen Charme des Bösendorfer-Flügels aus. Am Bass (Thomas Stabenow) ist ein Künstler des melodiös gestalteten Rhythmus am Werk, und an der gut ausgesteuerten Gitarre musiziert Andreas Domberg mit Witz und Verstand.
Dabei wäre dieses Konzert so fast nicht möglich gewesen. Helmut Kagerer, der im Programm ausgedruckte Gitarren-Zauberer, hatte sich einen Tag zuvor einen Rippenbruch zugezogen. Es sah kurz danach aus, als ob aus dem Quintett ein Quartett werden würde. Aber Kagerer bat seinen Meisterschüler Domberg, für ihn einzuspringen. Der packte die Herausforderung beim Schopfe und machte die tolle Fünfer-Combo wieder komplett.
In voller Besetzung und auch im Duo oder im Trio liefern diese Jazzer Meisterliches ab. Zum Beispiel Stephan Holstein und Thomas Stabenow mit dem Titel „My favourite things“, der Kontrabass wird hier fast zum sonoren Melodieinstrument, zugleich gibt Stabenow eine feines rhythmisches Fundament zu den improvisatorischen Ausflügen von Stephan Holstein. Und das Trio aus Klavier, Bass und Schlagzeug liefert einem überraschenden Einfall nach dem anderen.
Faszinierend und auf die lockere Art festlich (kurz vor Weihnachten darf das schon sein) kommt der Gesamtklang des Ensembles über die Rampe. Im Song „Augustine“, komponiert vom unvergessenen Gitarren-Virtuosen Helmut Nieberle, als ruhig fließende Ballade – in „Swing for two“ mit intensivem Sound und federndem Schwung. Im alten Standard „You or no one“ entwickeln die fünf Jazzer einen rasanten Zug nach vorne, aber selbst da bleibt nahezu jeder Ton jedes Instruments präsent, nichts wird vom vollen Schlagwerk oder einem donnernden Flügel zugedeckt.
Weihnachtslieder kann ein Jazzquartett nicht einfach so spielen, wie man sie kennt, das wäre – um mit Stephan Holstein zu reden – keine vernünftige Idee. Also lässt sich das Quintett zum Schluss etwas tatsächlich Vernünftiges einfallen, einen musikalischen Spaß. Man muss es gehört haben, was diese Combo aus kleinen Motiven der Lieder „Es wird scho glei dumpa“ und „Ihr Kinderlein kommet“ herausdestilliert, wie sich alles in eine Jazz-Version der anderen Art verwandelt. Das ist großes musikalisches Theater.