Sepp Werkmeister – Fotoausstellung | 23.05.2003

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

Fotografen sind indiskret, auch wenn sie noch so vorsichtig zu Werke gehen. Auf der Suche nach dem unwiederbringlichen Moment, dem Augenblick der Geschichten erzählt, entgleisen viele, drängen sich allzu sehr in den Vordergrund, inszenieren Dinge, anstatt sich mit der Rolle des Beobachters zu bescheiden.

Nicht der Münchner Sepp Werkmeister. Er gehört zu den unscheinbarsten und gleichwohl präzisesten Beobachtern seines Faches. Seine flammende Liebe zum Jazz manifestiert sich in Zehntausenden von Negativen. Seine Art, in Musiker „hinein“ zu fotografieren, den Menschen hinter dem schweißnassen Antlitz zu suchen, hat dem heute 72-Jährigen in den wilden 60er und 70er Jahren wahren Kultstatus beschert. Heute gilt der Chronist einer Zeit, als München noch leuchtete, als Nestor der deutschen Jazzfotografie, obwohl er fast zwei Jahrzehnte lang nur noch selten zur Spiegelreflex griff.

Dass er es inzwischen wieder tut, liegt unter anderem an Manfred Rehm. „Was der Manni hier im „Birdland“ für den Jazz tut, würde ich mir auch für München wünschen,“ bekennt Werkmeister bei der Eröffnung seiner Werkschau im Keller unter der Hofapotheke, die in das „Immens“-Festival zu Ehren des Gitarristen Attila Zoller eingebettet ist. „Er hat mich dazu bewogen, wieder draufzuhalten und nicht nur zuzuschauen.“

Dennoch – oder gerade deshalb – hat der Mann mit dem sensiblen Auge einige seiner berühmtesten älteren „Schüsse“ mit an die Donau gebracht: den selbstvergessenen Dexter Gordon, den ungewohnt konzentrierten Dizzy Gillespie, Ben Webster vor seinem nächsten Ausbruch, den jungen Chick Corea oder Elvin Jones, über dessen Gesicht Schweißbäche wie die Niagarafälle zu rinnen scheinen, natürlich Attila Zoller und viele mehr. In Schwarzweiß und – entgegen allen Behauptungen – manchmal auch geblitzt. „Wie willst du sonst einen Schwarzen fotografieren?“

„Ich habe Bilder gemacht, die kannst man gar nicht herzeigen“, erzählt der ungekrönte König der Jazz-Lichtbildner launig den leider nur wenigen Besuchern der Vernissage, der das Gitarrenduo Helmut Kagerer und Helmut Nieberle sowie das Joe Haider-Septett den passenden Ton verleihen. Jazzer zu fotografieren, das sei etwas völlig anderes: „Die sind ehrlich und verstellen sich nicht.“ Eine Gratwanderung wie bei Chet Baker. „Ich wollte nicht seine Rauschgiftsucht zeigen, sondern seinen Kern. Und dass er immer noch wundervolle Musik machen kann. Trotz des Rauschgifts.“ Seinen alten Freund Hans Koller habe er kürzlich besucht, jene österreichische Saxofon-Legende, die seit Jahren die Öffentlichkeit meidet. „Er ist 82 und krank. Aber er hat ein schönes, altes Gesicht.“

Der Grandseigneur sieht, was andere übersehen: Details, Nebensächlichkeiten, die aber unweigerlich dazugehören. Er sagt nicht „Portraits“, sondern nennt seine Bilder „menschliche Landschaften“. Mit ihnen hat Sepp Werkmeister der gesamten europäischen Jazzlandschaft ein neues Gesicht gegeben.