Seamus Blake Quartet | 23.02.2001

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Er gilt als eines der größten Talente am Tenorsaxophon. Mit seiner Mischung aus Tradition und Moderne, Intellekt und Temperament, Intensität und Konzentration, Jazz und einem klitzekleinen Schuss Pop konnte Seamus Blake im gut besuchten Birdland Jazzclub die Vorschusslorbeeren durchaus rechtfertigen.

Seamus Blake hat sich große Schuhe angezogen, nennt als Referenz und Vorbild nur die ganz Großen seines Instruments, in erster Linie Coleman Hawkins und John Coltrane. Was ihn auszeichnet ist eine Integrationskraft, die verschiedenste Stile und Einflüsse verarbeitet und zu einer individuell gültigen Aussage vereint. Besonders beeindruckend werden Blakes Soli dann, wenn er seine verloren-versunkenen und zuweilen hymnischen Linien mit behutsam eingesetzten elektronischen Klängen mischt wie in einem Amalgam verlorener Träume. Da klingt er wie ein musikalischer Peter Pan, vereint Traum und Wirklichkeit in einem Nimmerland unserer Tage. Dabei unterstützen ihn Drummer Victor Lewis mit kraftvollen Akzenten und einem ausgetüftelten Geflecht aus Sounds und Rhythmen, der nahezu komplette Pianist Kevin Hayes mit Umsicht und Originalität und Ed Howard am Bass mit kraftvollem Ton und konsequenter Geradlinigkeit.
Es brauchte ein wenig, bis das Quartett so richtig in Fahrt kam. Das erste Set war noch intensiv von dem geprägt, was der Jungstar den „real soundcheck“ nannte. So war das erste Stück gleich symptomatisch betitelt: „Last Minute Club“. Blake bastelte relativ lang an Soundproblemen herum, wirkte dabei recht introvertiert und unzufrieden. Spätestens mit dem „Vanguard Blues“ jedoch, der in schwerem Funk aufkochte, schwamm die Band sich frei. Manchmal lohnt das Warten eben und vollends nach der Pause ließ das Konzert keine Wünsche mehr offen. Mit dem Seamus Blake Quartet präsentierte sich eine charakterstarke Band, deren weitsichtige Intelligenz sicher noch nicht am Ende ihres Potentials angelangt ist. Als Zuckerl gab’s für das begeisterte Publikum noch eine Zugabe auf der Gitarre, Brückenschlag des jungen Jazzers ins Nirvana dessen, was kommen mag in einer Wiedervereinigung von Pop und Jazz. Denn davon ist Seamus Blake überzeugt: „Jazz ist Musik, die Hirn, Herz und Körper gleichermaßen anspricht. Es sollte uns gelingen, die Menschen wieder zur Musik zu bringen.“