Scott Hamilton & Olaf Polziehn Trio | 13.10.2007

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Wohlig! Kaum ein anderes Wort dürfte besser passen. Was Scott Hamilton mit dem Olaf Polziehn Trio auf die Bühne des Birdland zauberte, galt allen Eigenschaften des Jazz, die ihn zuhörerkompatibel machen ohne ihn zugleich zum Fahrstuhlsound zu degradieren. Der Mainstream-Hero am Tenorsaxophon gab eine makellose Visitenkarte ab im Neuburger Jazzkeller – fast zu makellos.

Der Amerikaner aus Providence, Rhode Island beherrscht alle Facetten des prä- und frühmodernen Jazz, bläst sein Horn im Bermudadreieck aller Erfinder des frühen Jazzsaxophons mit Bauch, Luft, Biss, immer geprägt von einem bewusst voluminösen, opulenten Klang. „I Just Found Out About Love“, „Robin’s Nest“, „The Nearness Of You“: klassisch elegant wie ein Armani-Anzug, schnörkellos und passgenau, alle Licks, alle Tricks, aber mit jenem kühlen Understatement, der zur wirklichen Hipness der guten alten Zeit gehört.

Weit mehr als ein Begleittrio sind Olaf Polziehn, Ingmar Heller und Hans Dekker. Polziehn verbindet am Bösendorfer mit hochsensiblem, filigran austariertem Anschlag und so inniger wie flüssiger Phrasierung swing und Verstand nicht nur im Solo beim Howard Arlen-Klassiker „If I Only Had A Brain“. Dekker, der im Hauptberuf bei der erst kürzlich Grammy-geschmückten WDR Big Band die Pace vorgibt, erweist sich – einmal mehr in Neuburg, wo er als Donzent der Sommerakademie hohe Wertschätzung genießt – als einfühlsamer, vielseitiger, kultivierter Drummer mit bemerkenswert melodiebewusstem Spiel. Ingmar Heller schließlich zeigt sich, ganz zum Schluss auch mit einem Jobim-inspirierten Solo-Feature, als weich modulierender Bassspieler, der Groove und Melodie in harmonischem Feinsinn zusammenführt.

„Summerwind“, „Sweet Georgia Brown“ und „Cherokee“: Ein Konzert, fast zu bekömmlich um spannend zu bleiben, fast zu berechenbar in seiner Perfektion. Wohlig eben! Aber wie hieß noch so schön Duke Ellingtons Titel im zweiten Set? „Tonight I Shall Sleep With A Smile On My Face“.