Pago Libre | 19.10.2007

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Was denn nun? Strawinsky oder Charlie Parker? Wienerlied oder Blues? Steppe oder Bergeshöh? Sind das überhaupt Alternativen? Wer Pago Libre zuhört, den herrlichen Vermantschern von allem, was sie zu fassen kriegen in einem riesigen musikalischen Spielzeugparadies, der wird nicht nur irre am System, sondern er wird auch riesig Spaß haben am Verlust der wohlgeordneten Tassen im Schrank. So quittierten denn auch die Zuhörer im Neuburger Birdland Jazzclub das Treiben der Vier mit Begeisterung.

„Ich muss mich distanzieren, ich bin nur der Bassist.“ – Von wegen: Mittenmang dabei ist Georg Breinschmid, der für etliche der schräg vertrackten Kompositionen verantwortlich zeichnet. „Ich hab das Stück vorerst mal 5/4 genannt. Leider ist mit noch kein besserer Titel eingefallen. Wenn Sie einen wissen: Ich würd mich mit einer Frei-CD bedanken …“ Natürlich auch nur Spaß, es kommt schließlich nicht drauf an, was drauf steht. Und wer kann schon einem lebendigen Sammelsurium divergierendster Ingredienzien einen Titel geben, den man sich dann auch noch merken können sollte?

Na ja immerhin: „Step Out – Komm ins Off’ne“ heißt eins der Stücke, „Let It Find U“ ein anderes, „Alpine Sketches“ ein drittes, alle drei verbunden zu einer kleinen Suite, in der wechselweise Horn, Flügelhorn und Alphorn(!), Geige, Kontrabass, Flügel und Melodika zum virtuos verwegenen Spiel ohne Grenzen rufen.

Pago libre: Freier Eintritt in eine herrliche neue Musikwelt! Was sich da alles assoziiert, wenn Arkady Shilkloper, Tscho Theissing, Georg Breinschmid und John Wolf Brennan in Schwung kommen! Wehe, wenn sie losgelassen in augenzwinkernd abenteuerlicher Schräglage! Russische Folklore, Kaffeehausschmäh, Balkanswing, Zigeunerglut, Mozart, große Oper, Strawinsky, Hitchcock, Bebop, Free Jazz, Trance, alle nur denkbaren Kategorien und Vorurteile werden peu a peu lustvoll zerfusselt in ihre Bestandteile und zu haarsträubenden bunten Mus(a)iken zusammengesetzt von einem lustvoll agilen Quartett. Ach ja, da war noch ein Stück mit Titel: „Rasende Gnome“. Und der Bass zwei Viertel mittendrin.