Scat Max And The Uptown Orchestra | 13.02.2003

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

(Audi Forum Ingolstadt)

Manche erinnern sich vielleicht noch an den unbekannten Jazzpianisten John Larkin, der Anfang der 90er die chronische Geldbeutelschwindsucht satt hatte und zu singen begann. Larkin nannte sich „Scatman“ und landete plötzlich einen Riesenhit. Im elektronisch aufgemotzten Popgewand verkaufte er die einst von Louis Armstrong erfundene Lautmalerei geschickt als musikalische Sensation.

Auch Max Neissendorfer, ehedem ein durchaus veritabler Tastenvirtuose, der 1992 sogar die erste CD des Neuburger „Birdland“-Labels einspielte, heißt heute „Scat Max“ und macht beherzt „Scoobydu-sedldedl-ba-shuga-dubab“. Eine Geschäftsidee, die dem smarten Münchner endlich den lange vermissten Durchbruch bescherte. In der Landeshauptstadt gilt er nun als Szenefaktotum, das sogar Stadtzeitungen zu Comicserien inspiriert. Auch im Kinosaal des Ingolstädter Audi-Forums singt, spielt und plaudert Neissendorfer mit dem Uptown-Orchestra (Leitung: Rich Laughlin) so lässig und nonchalant daher, dass einen Vergleiche mit Harald Juhnke förmlich anspringen: in punkto Stimme, Qualität der Kalauer sowie Geschmack – wie immer man dies auch interpretieren mag.

Eines vorweg: Seine Stimme hat was, wenn auch nicht das, was einen richtig charismatischen Sänger ausmacht: Sie wirkt bronzefarbig, Siena-gebrannt, schnörkellos, bittersüß, herb und ungeheuer viril. Gerade Balladen wie „I concentrate on You“ zeigen, wie wenig tatsächlich nötig ist, einem rauchigen Bariton Tiefe und Aussagekraft zu verleihen, selbst wenn dieser keine klassische Ausbildung erfahren hat. Die Geschichte hinter der gesungenen Note öffnet sich in diesen wenigen Augenblicken fast von selbst.

Aber Neissendorfer würde sich kaum „Scat Max“ nennen, wenn er solche unspektakulären Randerscheinungen in den Mittelpunkt seiner Performance rücken wollte. Dann schon lieber Entertainment und zirzensische Stimmakrobatik, Scat as Scat can, selbst wenn dabei die blaue Grundstimmung eines Soultitels wie „Sunny“ in Grund und Boden genuschelt wird. Die Big Band surft dazu schneidig-elegant durchs Thema oder zuckelt wie eine romantische Bimmelbahn im Sinatra-Medley, das Max in die Nähe seines großen Vorbildes rücken soll. He did it his way – wohlwollend formuliert.
 
Instrumentale Preziosen gibt es durchaus. Von den Saxofonisten Hugo Siegmeth und dem Pfaffenhofener Christoph Hörmann etwa oder vom immer wieder beeindruckenden Trompeter Franz Weyerer, dessen verschlungener Ton im Solo von „Embraceable You“ einen ganzen Sternenschweif nach sich zieht. Das „Uptown Orchestra“ gefällt mit witzigen Arrangements, ohne dabei wirklich zu überzeugen.

Und des Protagonisten spärliche Einsätze am Klavier subtrahieren sich auf seltsame Weise zwischen prickelndem Crooning, aufgesetztem Scat und langweiligen Radiokalauern. Aber was soll das ganze Gemäkel? Der Erfolg gibt „Scat Max“ nur recht. Auch in Ingolstadt erklatschte sich das Publikum wieder eine Zugabe. Wer mag da noch an den alten Max Neissendorfer und seine frühere Berufung denken? Das Licht von Jazzpianisten glimmt offenbar bloß auf der dunklen Seite des Mondes.