Šalamon – Andersen – Moses | 21.10.2022

Neuburger Rundschau | Ssirus W. Pakzad
 

An der Gitarre kann der Slowene Samo Salamon so ziemlich alles. Der 42jährige beherrscht eine Reihe sehr unterschiedlicher Techniken und versteht es, seine Ausdrucksmittel und Sounds der jeweiligen musikalischen Situation anzupassen – ohne dabei jemals die eigene Identität aufzugeben. Dieser immer noch in der Heimat lebende Musiker ist allerdings nicht nur als Instrumentalist, sondern auch als Netzwerker ein Ass. Auf seinen bislang 35 Alben (!) tummeln sich improvisierende Größen aus aller Welt – sie würden ein halbes Jazz-Lexikon füllen. Im Neuburger Birdland präsentierte er sich jetzt im Rahmen des „12. Birdland Radio Jazz Festivals“ mit zwei Legenden, die schon Erfolge feiern konnten als Samo Salamon „minus 14 Jahre alt war“.

Zur Einspielung des Albums „Pure And Simple“ und eine Europa-Tournee hatte der in Maribor und New York ausgebildete Virtuose mit dem norwegischen Bassisten Arild Andersen und dem mittlerweile in Memphis, Tennessee ansässigen Schlagzeuger Rakalam Bob Moses zwei Bandleader von hohem Rang eingeladen. Andersen wird in dieser Woche 77 und konnte im Laufe eines erfüllten Lebens voluminöse tiefe Töne zur Musik von Jan Garbarek, Don Cherry, Sonny Rollins, Bill Frisell, Dexter Gordon oder Chick Corea beitragen. Moses ist 74 und erwarb sich seine Meriten als Begleiter von Keith Jarrett, Pat Metheny, Gary Burton oder Rahsaan Roland Kirk.

„Ich schreibe nie einfach nur Stücke, ich komponiere grundsätzlich für die Musiker in meinen Bands, ganz im Sinne eines Duke Ellington“, erzählte Samo Salamon später backstage. Entsprechend klang das, was das faszinierte Publikum im Birdland zu hören bekam: einen Bassisten nämlich, der sein Instrument mit unfehlbarer Intonation zum Singen brachte und dabei manchmal tönte, als würde sich ein Wal mit seinen Artgenossen verständigen, einen Schlagzeuger, der ganz frei agierte, eigentlich eher Klangmaler ist und bei allen Sounds den Puls nie aus dem Sinn verliert, einen Gitarristen, der sich zurücknimmt, aber stets Atmosphäre beisteuert.

Salamon, Andersen und Moses schafften es in Neuburg mit ganz kurzen Stücken vollkommene Stimmungsbilder zu entwerfen. Ihre gemeinsame Musik hatte etwas ganz Filigranes, Schwebendes, sanft Tänzelndes, zart Leuchtendes, Ätherisches, ja fast Geisterhaftes. Ausgerechnet aber als sie „Ghosts“ anstimmten, einen Klassiker des 1970 unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommenen Free Jazz-Saxofonisten Albert Ayler, entwich das angenehm spukhafte Treiben, wurde aus wehenden Bettlaken mit drei Aussparungen ein buntes Tanzkleid und die Drei spielten, als würden sie eine karibische Hochzeit untermalen.

„Jeden Abend ist die Musik ganz anders – es bleibt unberechenbar. Das ist das Schöne an der Zusammenarbeit mit Arild Andersen und Rakalam Bob Moses“, sagte Samo Salamon, der mit seinen Kollegen im Rahmen der Tour bereits acht Auftritte absolviert hatte, nach dem sehr kurzen Konzert. An diesem Abend im Birdland zeigte sein Trio jedenfalls, dass vornehme Zurückhaltung nicht gleichbedeutend ist mit einem Mangel an Expressivität. Salamon, Andersen und Moses hörten einander genau zu, gaben der Musik stets, was sie brauchte und hörten immer dann auf, wenn es gerade am Schönsten war.