Mehr als nur einen Hauch brasilianischer Musikkultur brachte das Rua Baden Powell Project feat. Viviane de Farias mit in das winterliche Neuburg an der Donau. Die Band um den virtuos sensitiven Gitarristen Martin Müller nahm das Publikum im Birdland Jazzclub mit auf einen ausgedehnten Streifzug durch ein Land, das viel mehr zu bieten hat als den Zuckerhut und die Copacabana.
In einer hervorragend abgeschmeckten Mischung aus elegantem Understatement, komplexer Technik und filigraner Raffinesse präsentiert sich Martin Müller einmal mehr als der deutsche Gitarrist, der wohl am intensivsten in die Welt der authentischen Interpretation brasilianischer Musik eingetaucht ist und die einschlägigen Klassiker bis in die tiefste Seele inhaliert hat. Der Karlsruher beeindruckt nicht allein als Solist an der Nylon-Akustik-Gitarre mit sensiblem Fingerspitzengefühl, sondern auch als Bandleader und Begleiter mit diskreter Präsenz. An der von Müller imaginierten Straße des Roberto Baden Powell de Aquino liegen etliche Seitenstraßen, die einigen Kollegen und Epigonen des legendären brasilianischen Gitarristen und Komponisten gewidmet sind, u.a. Milton Nascimento, Antonio Carlos Jobim und Egberto Gismonti. Des Letzteren „Vino e agua“ zelebrieren Müller und Saxophonist Jochen Feucht mit einer Mischung aus Hitze und kühler Zurückhaltung, die den Bossa Nova von jeher auszeichnet. „Brazil Inside“ swingt und verleiht den Gefühlen Flügel, die trotz der zuweilen aufscheinenden Abstimmungsprobleme zwischen den je für sich ausgezeichneten Markus Bodenseh am Bass und Mauro Martins am Schlagzeug in sanfter Eindringlichkeit durch den Raum schweben. Spektakulär die Sängerin Viviane de Farias: Die Brasilianerin fasziniert mit einer Stimme von prägnanter Gegenwärtigkeit, ist in der Musik ihrer Heimat ebenso zu Hause wie im Scat des Jazzgesangs auf dem nördlichen Teil des amerikanischen Doppelkontinents und reißt das Publikum mit Temperament, Eleganz und Anmut nur so mit.