Rudi Trögl Quartett | 26.02.2005

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

Die Wandlung des Rudi Trögl: In den 90ern galt der Ingolstädter Gitarrist noch als unbeugsamer Ritter des Fusion, der eher rocklastigen Improvisationskultur, die ja in der Schanz schon immer einen guten Nährboden fand. Jetzt ist der Jazzpreisträger von 1996 um ein paar Jahre älter, einige Erfahrungen reicher, vor allem aber noch viel besser.

Nicht nur weil er sich inzwischen fast völlig akustisch durch einen Konzertabend wie den im Neuburger „Birdland“-Jazzclub bewegt, wo eine Menge Fans die Standortbestimmung des Lokalmatadors in der Reihe „Jazz aus der Region“ miterleben wollen. Auch nicht, weil er mit Gerhard Kölbl einen Pianisten als stimmigen Harmonie-Antipoden in die Band geholt hat, weil Rainer Hasenkopf längst auf einen Kontrabass umgestiegen und Helmut Welser dem Geheimnis der leise tickenden Hi-Hat auf die Schliche gekommen ist. Es swingt vielmehr in Trögls Quartett, das längst nicht mehr den Namen „Colored Mind“ trägt, auf ganz selbstverständliche, entspannte Weise, ohne jemals den Anschein zu erwecken, altbacken oder angestaubt daher zu kommen.

Die Frage der äußeren Form, was und mit welchen Mitteln ein Musiker spielt, stellt sich im Jazz sowieso erst in zweiter Linie. Gerade deshalb scheint ein Kontext wie dieser Trögl nach Jahren des Ausprobierens und Suchens förmlich auf den Leib geschneidert. Sein Vortrag atmet nun eine ganz besondere Form von Leichtigkeit und Konsequenz. Augenscheinlich fühlt er sich wirklich wohl in seiner Haut, inmitten all der luftig-duftigen Originals und frisch-rasanten Standards, hat seine persönliche Dosierung zwischen dem quirligen Achtelnoten-Fluss der Fusion-Gitarristik und dem harmonischen Reichtum der Bop-Schule gefunden, und niemand wird mehr auf die Idee kommen, ihn geschickten Plagiator eines Pat Metheny zu brandmarken.

Rudi Trögl setzt sich mit seinem schwebenden, gläsernen, warmen Sound bewusst von den knallbunten Klavierläufen ab. Coole Strukturen korrespondieren mit flirrenden Single-Note-Kaskaden, erzählende Momente wechseln sich mit rasenden Schussfahrten ab. Das alles hat Klasse, birgt viele unerwartete Spannungskurven und kann sich durchaus mit vielem messen, was sonst an internationaler Klasse auf dieser Bühne konzertiert.

Nach der Pause wechselt der Protagonist fliegend zur akustischen Gitarre. Im Trio ohne Piano entstehen dabei noch differenziertere, verästeltere Strukturen. Ein bisschen Samba-Tristesse, ein wenig „Satin Doll“, sein „Ohrwaschlbop“, jede Menge inneres Feuer und enorm einfühlsamen Begleiter: Rainer Hasenkopf und Helmut Welser wissen längst, was ihr alter Partner braucht, um sich frei entfalten zu können.

Gutes Stichwort: Weil der 46-Jährige das Schicksal vieler ambitionierter Jazzbands kennt, die ihr Geld oft genug bei Geburtstagsfeiern verdienen müssen, hat er für die 50-Jährigen gleich einen eigenen Song geschrieben. Eine beswingte Jetzt-erst-Recht-Uptempo-Nummer, bilanzierend, aber nicht resignierend. Ein bisschen steckt da auch Rudi Trögl selbst drin: Sich nie unterkriegen lassen und wie edler Wein erst mit den Jahren zur vollen Blüte reifen. Starke Leistung!