P.A.F. Trio | 25.02.2005

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Temperament, Originalität, Emotion, tänzerische Lust und melancholische Sinnlichkeit, pures Leben unter der Sonne Italiens, das boten Paolo Fresu, Antonello di Salis und Furio di Castri im Birdland Jazzclub im eiskalten Februar. P.A.F. kultivieren seit vielen Jahren ein schlagzeugloses Trio von immenser Durchschlagskraft.

Der sardische Trompeter Paolo Fresu, einer der derzeitigen Superstars der europäischen Jazzszene, präsentiert sich im Kontext dieser exquisiten Band über weite Strecken eher kraftstrotzend als lyrisch, Bebop-inspiriert und so tief verwurzelt in der musikalischen Tradition seiner Heimat, mit der er sich bereits in mehreren Projekten auseinander gesetzt hat, wie in der europäischen klassischen Musik, der die Liebe anderer Projekte gilt. Dem Flügelhorn entsprudeln die Läufe nur so, Linien von vitaler Präsenz und unmittelbarer Glut. Der eher weiche vibratolose Ansatz nimmt den Melodien nichts von ihrer Überzeugungskraft, der verletzliche Sound macht sie nur um so stärker. An der Trompete bekennt Fresu im späteren Verlauf des Abends seine Liebe zum Sound des Harmon-Mute-Dämpfers, wie ihn Miles Davis und Chet Baker in den 50ern der Jazzwelt bescherten. Dabei ist Fresu bei weitem mehr als musikalischer Erbe, hat längst einen persönlichen Stil entwickelt, der unverkennbare Qualität besitzt. Fresus Spiel verbindet Melancholie, Innerlichkeit, einen Touch Coolness und jede Menge selbstbewussten, fast lässig abgeklärt wirkenden Umgang mit der Glut der Leidenschaft. Mit Furio di Castri gibt einer der besten Bassisten des Stiefels Basis und Groove: Eine wahre Lust, wie der Tieftöner mit stoischer Sicherheit und wachem Ohr alle Wendungen vorausahnt und ihnen harmonisch, melodisch und rhythmisch den Boden bereitet. In seinen Soli tänzelt er nur so über die filigran balancierten Klangebenen, die Fresu mit minutenlang geblasenen Orgelpunkten setzt, verwandelt er den Bass zuweilen in ein Perkussionsinstrument, und gibt sich dem kommunikativen Dreieck hin, dessen weiteren Pol der Tastenderwisch Antonello di Salis bildet. Der ist ein reines Energie- und Temperamentsbündel, legt Lyrik und Power, komödiantische Lust und kindliche Entdeckerfreude an den Tag am Flügel wie am Akkordeon, clustert und romantisiert, spielt wie ein Lausbub mit unvermittelten Einfällen und erweitert die Klangmöglichkeiten des ehrwürdigen Bösendorfers mittels Plastiktüten, Zeitungspapier, Schlagzeugsticks und was immer ihm in die Hände fällt. Salis wirbelt nur so über die Tastaturen in hemmungsloser Freude an einem orgiastischen Miteinander des Musizierens, das in einem weit gespannten atmosphärischen Bogen alle Facetten des Lebens spiegelt.