Rosenberg Trio | 03.05.2008

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Sie sind schon eine echte Sensation, in der Tat wohl die beste Gypsy-Jazz-Band unserer Tage: Das Rosenberg Trio bot im Birdland Jazzclub alles, was diese erste originäre europäische Subspecies des Jazz ausmacht: Temperament, Tempo und eine Spur Melancholie, gewürzt durch Elemente aus der Folklore aus Ost und West Europas, getragen von einer schier unfassbaren Virtuosität.

Die Musik der Drei swingt wie aus einem Guss, lässt keine Fragen offen, bewegt, reißt mit, begeistert. Stochelo Rosenberg und seine beiden Cousins Nous’che und Nonnie entzünden mit zwei akustischen Gitarren und einem Kontrabass ein wahres Feuerwerk höchster Musizierkunst. Dass Stochelo Rosenberg eine alte Selmer Gitarre mit der Seriennumer 504 spielt – der legendäre Django Reinhardt spielte die Nummer 503 – ist kein Zufall: Die atemberaubenden Läufe kann das Ohr gerade noch nachvollziehen, das Auge jedoch versagt, wenn es den Flügen übers Griffbrett zu folgen versucht, das Hirn ist in der Gefahr, unentwirrbare Knoten zu produzieren. Zu rasant, zu schnell, zu pfeilgeschwind ist Stochelos Virtuosität um menschlichem Vermögen erreichbar zu erscheinen, dabei von einer bewundernswerten Genauigkeit nicht allein im Solo, sondern auch im Zusammenspiel mit den beiden Begleitern. Mit Nous’che Rosenberg spielt Stochelo immerhin seit 30 Jahren zusammen, mit Nonnie nur unwesentlich kürzer. Die beiden sorgen für einen runden Gesamtklang, welcher der Solostimme Halt und Fülle gibt, halten den Swing auf Trab, lassen keinen Zweifel aufkommen, in welche Richtung die Reise geht, straight vorwärts auf den Spuren Django Reinhardts. Etliche von dessen Kompositionen und favorisierten Standards spielen die Drei, „Nuages“, „Blues For Ike“, „I Got Rhythm“ oder „Ole Man River“, dazu Neueres wie Santanas „Moonflower“ und einige sehr aparte, ihrerseits durchaus Standard-taugliche Kompositionen von Stochelo Rosenberg wie „Double Jeu“, „Listen“ oder das familiäre „For Zephora“, sehr persönliche Geschichten von hoher musikalischer Finesse.
Bei aller Begeisterung für die Musik Django Reinhardts, bei aller Authentizität der Verpflichtung auf sein Erbe sind die Rosenbergs weit von der Versuchung, den Hot Club Jazz der 30er einfach nur zu wiederholen. Höchst lebendige Musik erklingt ohne einen Hauch von Staub mit Stil, Persönlichkeit und einem untrüglichen Gespür für ein melodiöses Spiel. Tief verwurzelt ist die Musik in der Tradition der Gypsies, zugleich unmittelbar berührend in der Gegenwart. Und dass eine Band, die auch die New Yorker Carnegie Hall zum Kochen bringen kann, überhaupt in einem „kleinen“ Jazzclub wie dem Neuburger auftritt, darf als eine kleine Sensation gewertet werden. Dem Bayerischen Rundfunk war’s auf jeden Fall mal wieder einen Mitschnitt wert.

Der Birdland Jazzclub im Bayerischen Rundfunk (jeweils „Jazztime“ in Bayern 4 Klassik um 23:05): am 3.7. ist Manfred Rehm, der Präsident des Birdland Jazzclub, als Studiogast bei Roland Spiegel, am 18.7. gibt es einen Livemitschnitt des Benjamin Schäfer Trio und am 22.7. das Rosenberg Trio. Einen Vorgeschmack davon bringt die Sendung „Jazz und mehr“ schon am 7.6. um 18:05.