Rosebud Trio | 08.02.2003

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Manchmal geschehen völlig unerwartete Dinge. Im Jazz ist immer damit zu rechnen, vor allem dann, wenn ungewöhnliche Besetzungen den gemeinsamen Nenner finden. Aber was Geoff Goodman, Till Martin und Johannes Herrlich sich ausgedacht haben in der Kombination von Gitarre, Saxophon und Posaune, das sprengt noch einmal bekannte Horizonte.

Die Besetzung hat es schon mal gegeben 1957/58, als die Jimmy Giuffre Three mit Jim Hall und Bob Brookmeyer ihr Konzept kammermusikalischer Integration in swingende Bewegung versetzten. Mit Giuffres „Music Melody“ erweist das „Rosebud-Trio“ seinem Vorbild denn auch die Ehre, ansonsten jedoch geht es durchaus eigene Wege. Die Drei spielen mit Linien, Flächen, Farben und Formen, evozieren Gefühl und provozieren den Verstand, nie angestrengt und nie anstrengend, immer flüssig und organisch. Kammermusikalisch ineinander geflochtene Linien exerzieren im transparenten Wechselspiel der Rollen polyphone Kontrapunktik, zergliedern die Harmonien und ordnen sie zu völlig neuen Klangfarben. Für den Spieltrieb steht der Name: „Rosebud“ ist in Orson Welles Filmklassiker „Citizen Kane“ das Symbol für die verlorene Unschuld der Kindertage. „Jazz, Filmmusik und Cowboysongs“ nennen die drei ihr Programm, lassen Hank Williams zu Wort kommen, Elvis Presley, Aretha Franklin und Roman Polanskis Filmkomponisten Krzysztof Komeda. „Hey Good Looking“ liefert heftige Rededuelle zwischen Tenor und Posaune, die Gitarre mischt sich ein – keineswegs besänftigend: Alle drei geben kräftig Gas auf der Countryside. Goodman, Martin und Herrlich skelettieren Ohrwürmer wie „Spanish Harlem“ oder „Vaya Con Dios“ im Handumdrehen, zwirbeln und wenden deren Innerstes, setzen es zu völlig neuen Figuren zusammen, immer mit einer gehörigen Portion Blues als gemeinsamem Nenner und in hoher Melodiosität. Als Weltpremiere spielen sie „All Of Me“ mit Sax, Posaune und Banjo, lassen fröhlich knatternde Improvisationen erklingen wie weiland in Storyville. Vom Mississippi-Delta geht’s mit trockenem Biss zum „Girltalk“, von da zur Reflexion der „Coloured Blindness“ und der aktuellen Lage: Der „Deadline Blues Revisited“ kombiniert das amerikanischste aller Instrumente, das Banjo, mit orientalischer Melodiosität zu einem eindrucksvollen Plädoyer für den Frieden.