Romeo Franz Ensemble & Joe Bawelino | 29.01.2022

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Mit dem Romeo Franz Ensemble gastierte einmal mehr eine herausragende Formation des Sinti Swing im Neuburger Birdland. Die Corona bedingt vom Sextett auf ein Quartett verkleinerte Band ließ etliche Klassiker ebenso quicklebendig und frisch durchs Gewölbe klingen wie die eine oder anderen traditionelle Weise des Genres.

Schon der Einsteg mit »Lady Be Good« ließ die Füße wippen, gab Schwung und Tempo vor. Eleganz, Vitalität und Temperament auch in »Honeysuckle Rose«, im jiddischen Klassiker »Joseph, Joseph«, bekannt aus dem Spielfilm »Chocolat«, »Mach The Knife« oder »Sweet Georegia Brown«. Dazwischen Django Reinhardts »Troublant Bolero« oder Schnuckenach Reinhardts »Me hum mato«, das Romeo Franz mit schöner Singstimme auf Romanes zum Besten gab.
Als sich Django Reinhardt und Stéphane Grappelli 1934 in Paris mit drei weiteren Gleichgesinnten zusammentaten und das Quintette du Hot Club de France aus der Taufe haben, mögen sie geahnt haben, dass sie Epochales zuwege brachten. Immerhin schufen sie die erste und für lange Zeit einzige originale europäische Stilrichtung des Jazz. Dass sie bis in unsere Tage hinein eine ganze Schar von treuen Nachfolgern inspirieren würden, hätte sie vielleicht doch überrascht.

Immer wieder ist im Programm des Neuburger Birdland Platz für den Jazz manouche, den Gypsy Jazz, Sinti Swing oder Hot Club Jazz, wie immer das Genre benannt werden mag, durchaus mit Nuancen. So legt Romeo Franz großen Wert darauf, dass es eine spezifisch deutsche Stilrichtung innerhalb der einschlägigen Tradition gebe: »Das ist deutsches Kulturgut, das Kulturgut einer Minderheit, das müssen wir bewahren und schützen«, meinte er beim Konzert. Gerade durch die Corona bedingten Einschränkungen sei ihm das, auch in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Kulturausschusses im europäischen Parlament, noch einmal stärker ins Bewusstsein gerückt.

Von der Nervosität, zu der sich der Bandleader angesichts der seltenen Gelegenheit bekannte, auch in Zeiten der Pandemie auftreten zu können, war indes nichts zu spüren. Schwungvoll, inspiriert und gekonnt präsentierte sich eine ausgezeichnet disponierte Band. Gunter Rissmann am Bass und Marcello Reinhardt bildeten ein überaus elastisch swingendes, zugleich sehr solides Rhythmusgespann, wobei beide auch als Solisten zu überzeugen wussten. Die beiden trugen das sensitive, aller Schwere enthobene Geigenspiel von Romeo Franz wie auf Flügeln und begleiteten die eigenwilligen, immer wieder überraschenden Soli von Joe Bawelino mit souveräner Verlässlichkeit. Melancholie und Freude spiegelte das Konzert in letztendlich sehr hoffnungsvoller Balance und hinterließ nach zwei begeistert erklatschten Zugaben wohl nur heitere Herzen.