„Unit 7“ – 1957. In Rudy van Gelders berühmtem Studio im New Yorker Stadtteil Hackensack nimmt Cannonball Adderly die taufrische Komposition von Sam Jones auf und schreibt damit Hardbop-Geschichte. Am Schlagzeug: der 28jährige Jimmy Cobb.
„Unit 7“ – 1996. Im Neuburger Birdland-Jazzclub intoniert Roman Schwaller zum abertausendsten Mal Jones` Edelstandart. Als das höllisch groovende Ding damals Premiere feierte, war Schwaller gerade ein paar Tage alt. Die Drumsticks führt diesmal einer, den „Unit 7“ wie ein Erkennungssignal das ganze, lange Musikerleben hindurch begleitet hat: Jimmy Cobb, inzwischen 67 Jahre alt und eine echte Legende des modernen Jazz-Schlagzeugs.
Daß der Tenorsaxophonist aus dem schweizerischen Örtchen Frauenfeld diese Epigone zu einer gemeinsamen Tournee durch deutsche Lande bewegen konnte, hat rein gar nichts mit der PR-steigernden Wirkung eines berühmten Namens und nur ganz am Rande etwas mit Idol-Verehrung zu tun. Schwaller und seine Kumpane, der geschmackvoll-versierte Bassist Thomas Stabenow und der hochtalentierte Pianist Oliver Kent aus Wien, verbindet trotz des Altersunterschiedes vielmehr die gemeinsame Liebe zum traditionellen, akustischen Jazz mit Jimmy Cobb. Einer Musikrichtung, die nach den Lärmkaskaden des Fusion und der Kopflastigkeit des Freejazz heute eine deutlich spürbare Renaissance erfährt.
Für Cobb gab es dazu freilich nie eine echte Alternative. Schon 1951 mit Billie Holiday setzte der aus Washington stammende Rhythmiker par excellence Maßstäbe, trommelte später bei Cannonball Adderly, John Coltrane und auf Miles Davis` aufsehenerregenden Album „Kind Of Blue“. Seine farbigen, punktgenauen Fills, seine fordernde Beckenarbeit erzeugen noch immer diesen unwiderstehlichen Drive und bestätigen nachhaltig Jimmys Philosophie, einzig der Drummer könne „eine Band zum swingen bringen.“
Gerade wegen spektakulärer Cobb-Soli in „The Loco-motiv“ oder in Gershwins „The man I love“ – der Abend im „Birdland“ geriet keinesfalls zur egomanischen Gala eines Superstars, sondern zu einem überzeugenden Erfolg eines homogenen, kompetenten Kollektivs, das selbst strengen amerikanischen Maßstäben jederzeit standhalten könnte. Denn Roman Schwallers „Pech“, in einem kleinen Alpenörtchen beheimatet zu sein und nicht in Upstate New York, beklagen seine Fans schon seit über zehn Jahren.
Im „Big Apple“ hätte man seine Vitalität, seine urige Kraft (bei „Johnny come lately“), seine feine Intonation bei Balladen („Reflections“ von Monk und das hinreißende, von Frank Sinatra bekannte „I got a crush on you“) sowie seinen Ideenreichtum nämlich schon längst zu barer Münze gemacht. So muß sich Schwaller mit dem gewiss ehrenvollen Ruf des besten europäischen Mainstream-Tenoristen bescheiden. Dies garantiert ihm zwar einen durchaus passablen Lebensunterhalt, weckt aber gleichzeitig ein spontanes Gefühl von himmelschreiender Ungerechtigkeit gegenüber all den geklonten, mehr technisch, denn emotional orientierten Senkrechtstartern vom Kaliber eines Joshua Redman.