Jochen Voß – Thomas Brendgens-Mönkemeyer | 22.11.1996

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

Der Gedanke, im Duo filigran und auf sensitiver Ebene zu musizieren, ist so alt, wie der Jazz selbst. In den allermeisten Fällen münden die klingenden Pärchen jedoch im großen Auffangbecken des Kammerjazz – ein seichter Pauschalbegriff, der immer dann Verwendung findet, wenn Konsumenten und Kritiker irgendwo eine deutliche Rücknahme des Phonpegels registrieren.

Worum es jedoch tatsächlich beim Wechselspiel der Kräfte geht, aber auch, wo dessen unantastbare Grenzen liegen, das vermittelten die Oldenburger Thomas Brendgens-Mönkemeyer (Gitarre) und Jochen Voß (Altsaxophon) im Neuburger Birdland-Jazzclub bei einem Konzert, das in jeder Hinsicht aus dem Rahmen des Gewohnten fiel. Schon alleine die instrumentale Kombination des kongenialen Gespanns aus dem Norden fand in der Jazzgeschichte bislang nur wenige Nachahmer, gilt es doch als überaus problematisch, das grell-geschwätzige Alto mit den weichen Linien einer Gitarre zu kreuzen.

Wenn zudem Thomas Brendgens auf die im Jazz üblichen Stahlsaiten verzichtet, seinen Korpus stattdessen mit Plastiksaiten bespannt und so einen folkähnlichen Klang erzeugt, baut sich das Duo selbst einige tückische Fallstricke auf. Doch bei ihrem zweiten Gastspiel in Neuburg, dem sich ein gut besuchter Workshop anschloß, umtanzte das Gespann die sich auftuenden, gähnenden Abgründe immer wieder mit erstaunlicher Leichtigkeit.

Was schon Chick Corea und Herbie Hancock erkannt hatten, nämlich daß ein Duo nicht im Gegen-, sondern nur im Miteinander funktionieren könne, bildet auch für Brendgens/Voß die Grundlage ihrer fruchtbaren Verbindung. Sich fortwährend umspielend, das Solo des anderen stützend, im forschen Unisono antreibend, spontan reagierend oder mit reizvollen kontrapunktischen Wellen schufen die beiden rasch den von vielen vergeblich ersehnten Gleichklang, in der Musikersprache auch „Interplay“ genannt.

Angenehm bei Voß der Wechsel zwischen straffer, akurater Bop-Phrasierung à la Jackie McLean und herbstlich verhangenen, lyrischen Stimmungsbildern im Stile von Charlie Mariano. Überzeugend die perkussiv angehauchte blues- und rocklastige Mixtur von Brendgens, die deutliche Anleihen an Larry Coryell verriet. Die langjährigen Freunde passen nicht nur vom Sound her, sondern auch in punkto Auffassung perfekt zusammen und geraten zu keiner Sekunde in den Verdacht, nur akustisches New-Age-Gesäusel zu produzieren. Auf hohem internationalen Standart schaffen sie vielmehr eine erfrischende Ausweitung des leicht verkrusteten Duo-Gedankens im Jazz.

Alles geht dabei freilich auch nicht: ein Stück wie die Zugabe „All Blues“, dem Miles Davis im Original erst mit kleiner Bigband seine rauhe Schicht verleihen konnte, wirkt im minimalistischen Rahmen so, als würde sich eine Hausmusik an Hiphop versuchen.