Roberto Bossard New Group | 26.10.2019

Neuburger Rundschau | Julia Abspacher
 

Die Roberto Bossard New Group trägt das Label Mainstream zu Recht. Das ist keinesfalls negativ gemeint: Würde man zufällig Musikliebhaber fragen, was sie sich unter gutem Mainstream Jazz vorstellen, wahrscheinlich würde ein Abend wie am Samstag im Birdland herauskommen. Spielfreude, Soli, rasantes Tempo, fein abgestimmte Dynamik, Harmonien, ein guter Wechsel von Struktur und Willkür, irgendetwas zwischen einer Hommage an die großen Momente des Jazz und vielen Versprechen auf eine glanzvolle, moderne Zukunft. Ein Abend, an dem die Welt in Ordnung ist, solange sie nur spielen. Mainstream at its best.

Vier Musiker sind es, die der Schweizer Gitarrist Roberto Bossard da in seiner New Group um sich geschart hat: Toni Bechtold bedient das Tenorsaxophon, Lukas Gernet fliegt über die Tasten des Bösendorfers, Raffaele Bossard aus der Familie des Bandleaders zupft den Bass und Dominic Egli sorgt an den Drums für den richtigen Beat. Die Mitglieder der neuen Formation des Altmeisters sind gut und gerne zwei Jahrzehnte jünger als ihr Bandleader, trotzdem wirkt es, als stünden sie seit Ewigkeiten zusammen auf der Bühne. Sie beobachten sich beim Spiel, feuern sich gegenseitig an, lachen und scherzen miteinander, jeder hat in Soli und Features die Gelegenheit, sich selbst ins Scheinwerferlicht zu rücken.

Doch natürlich bestreitet am Ende die Gitarre die meisten und virtuosesten Soli. Wenn sie ganz allein durch den Gewölbekeller dringt, dieses Instrument, dass man nicht sehr oft als Leadinstrument im Jazz hört, dann will fast ein wenig Wild-West-Romantik aufkommen, fast ein wenig südamerikanisches Flair. Aber eben nur fast. Denn Bossards Gitarre ist nie kitschig angestaubt, immer aber emotional, charmant und präzise. Vielleicht erzählt sie ein wenig von einer harmonischeren, leicht gestrigen Welt. Dafür sorgt allein schon die Klangfarbe der Gibson aus dem Jahr 1949, so schmeichelnd, warm und universal sind die Töne, die ihr Spieler ihr entlockt.

Nostalgia heißt das aktuelle Album, der Roberto Bossard New Group. Darauf zu finden sind sowohl Eigenkompositionen wie das einfach schöne „Puffed“ oder „Babbit the Rabbit“ voller kurioser Klangeinfälle, als auch Arrangements zu Stücken anderer Künstler wie „In the Wee Small Hours of the Morning“ von David Mann, bekannt geworden durch Frank Sinatra. Besonders begeistern kann auch die Jazzversion zu „A Thousand Kisses Deep“ von Leonard Cohen, das nur Gitarre, Bass und Drums interpretieren, dafür aber umso eindrucksvoller.
Das gesamte Konzert wurde im Rahmen des mittlerweile 9. Birdland Radio Jazz Festivals aufgezeichnet und wird am 23. November ab 22 Uhr auf BR Klassik und ab Mitternacht auf BR 2 zu hören sein. Weitere Mittschnittshighlights der diversen Konzerte des diesjährigen Festivals gibt es außerdem in der Nacht vom 30. November auf 01. Dezember von Mitternacht bis fünf Uhr morgens zu hören.