Ramón Valle Trio | 10.12.2011

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Wie ein Irrwisch fegt er über die 88 Tasten, tummelt sich fast hyperaktiv mit unbändiger Lust auf dem „Playground“, wie das Titelstück seiner jüngsten CD mit allem Recht benannt ist. Auf und ab geht‘s da, hin und her, wurlig, quirlig, manchmal ziemlich ungestüm. Immer wieder treten Champions aus der Weltelite des Jazz im Neuburger Birdland auf, zeigen, auf welchem Niveau sich die improvisierte Musik heute bewegt. Ramon Valle ist zweifelsohne in der Weltspitze zu Hause, darf mitspielen um die Kristallkugel für die schnellsten Finger der Welt.

Es muss eine wilde Nacht gewesen sein in der Nähe von Heidelberg, jedenfalls wenn man Tempo und Groove von „Dilsberg Morning Light“ aufnimmt. Der seit längerem in Europa lebende Kubaner Ramon Valle ist bei allem Temperament und aller Körperspannung, die sein Spiel so abenteuerlustig ausschweifen lassen, andererseits durchaus fähig zu geradezu zärtlicher Innigkeit, wie eine seiner kleinen Tochter gewidmete Ballade zeigt, deren Bild er wie auf den Spuren Robert Schumanns ungemein detailreich und liebevoll zeichnet.

Umso lebhafter, phantasievoller, sprühender lässt er die Tasten tanzen in flüssiger Rhythmisierung beim familiären „Five Sisters“ und im kubanischen Standard „Siboney“ von Ernesto Lecuona, mit dessen Musik sich Valle intensiv auseinandersetzt. Förmlich splitternde Akkorde leiten „Free at Last“ ein, eine Hymne von sensibler melodiöser Klarheit, purer Lauterkeit, herzensoffener Entwaffnung.

Fast unglaublich, dass die Reihe „Art of Piano“ im Birdland auch in der 132. Variante noch so erstaunlich Neues, Frisches, Unvergleichliches bietet, zumal Omar Rodriguez Calvo mit ungemein federndem Groove am Bass und Owen Hart Junior an einem bestechend anpassungsfähigen, kreativen Schlagzeug das Erlebnis noch einprägender gestalten.

Im zweiten Set geht zwar die klare Linie ein Stück weit verloren in karibischen, jazzigen, klassischen, mitsingbaren, zeitweise arg verspielten Momenten, die Faszination allerdings bleibt angesichts der fulminanten Präsenz eines Pianotrios, wie man es selten zu sehen bekommt.