Rainer Böhm Quartet | 05.12.2014

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Es gibt Momente, da hebt sich Musik aus der Zeit. Das gilt auch für Jazz, eine Musik, die irgendwann in diesen Tagen ihren 100. Geburtstag feiern dürfte, eigentlich ein musikgeschichtlicher Jungspund noch, dennoch zuweilen schier Zeit enthoben.

Klar erkennbar verwurzelt in der Tradition des Jazz zeigte sich das Rainer Böhm Quartet im Neuburger Birdland auf der einen Seite. Auf der anderen lösten sich die Grenzen, so phantasievoll verwoben mit dem Horizont der Moderne, in virtuos swingender, sehr frischer Beweglichkeit, Konventionen immer wieder locker auslotender. Als verankernde Referenz gaben sich die Standards „How About You“ und „You Do Something to Me“ in souveräner Verfügung über die Zeit. Darum gruppierten sich die Stücke der aktuellen CD „Familia“, gewidmet Vater, Mutter, Schwester und dem engsten Kreis, wie der aus Ravensburg stammende Pianist erklärt: Eine geradezu romantische, kammermusikalische Hommage an die Zuneigung in mal verträumten, mal tief ins Wurzelgeflecht der Emotionen hineinreichenden, immer wieder auch lebhaften Stimmungen.
Sensibel und tight spielten Arne Uber am Bass und Peter Gall am Schlagzeug wie aus einem Guss, legten ein stabil federndes Fundament für die Dialoge und Soli von Piano und Saxophon. Der Tenorsaxophonist Johannes Enders ist mit den Jahren zu einer echten Institution der europäischen Szene herangewachsen. Sein Spiel zeigte erhabene Klasse, verzichtete auf jede noch so kleine Neigung zum Schaulaufen, verfügte dagegen über eine hochgradige Eigenständigkeit in pfleglich kultiviertem Sound. Rainer Böhm setzte seine Kompositionen in überaus eloquenter, feinsinnig intelligenter Pianistik ins Leben und entwickelte hohe erzählerische Plastizität. Zwischen der träumerisch versunkenen Ballade für die Mutter und der lebhaften „Tune For Dad“ lag ein weites Feld inniger Verbundenheit. Zeitlos!