Berlin 21 | 29.11.2014

Neuburger Rundschau | Stephanie Knauer
 

Nicht zum ersten Mal war Torsten Zwingenberger Gastkünstler im Jazzclub Birdland. Der Bruder des berühmten Boogie-Pianisten wirkte am Samstagabend denn auch entspannter als es die Auftretenden dort üblicherweise sind. Der Neuburger Apothekenkeller ist eine renommierte Adresse und einer der „allerbesten, schönsten Jazzclubs der Welt“, so Zwingenberger in seiner Moderation. Lässigkeit scheint des Drummers Eigenschaft zu sein, denn auch seine kräftig-direkten Beats waren mit lockerem Handgelenk wie aus dem Ärmel geschüttelt, mindestens zwei Schlägel haltend und in Daueraktion irgendein Becken, Drums, Percussion, Schepperglocke schlagend. Gespielt wurde in traditioneller Weise, gezupft oder gestrichen, ohne Klaviersaitenzupfeinlagen und – seitens Martin Lillich am Basscello, Zwitterwesen und im Sitzen gespielt – ohne Flageolettspaziergänge und dennoch entstand etwas Neues, Eigenes. Die Band nennt sich „Berlin 21“, nach dem früheren Postzustellcode Moabits und ist eine Hommage an den Wohnsitz Zwingenbergers, besteht aus vier Ausnahmemusikern, die gleichberechtigt sind und trotz ihrer musikalischen Individualität ein Ensemble formieren. Es war ein Erlebnis, wie hier ein neuer musikalischer Gedanke aufgegriffen, von Zwingenberger mit passendem Rhythmus unterlegt wurde und so Impuls war für eine neue Marschrichtung. In diesem Konzert hörte man, wie ein Gespräch idealerweise funktioniert. Gespielt wurden Nummern aus dem ersten gemeinsamen Album „Capital Letters“ und Neuigkeiten aus Bop, Hardbop, Afrojazz, letzterer mit kratzigen Harmonien eigentümlich versetzt, und einmal Boogie, ein Piano-Bravourstück, der aber „Ten tot he bar“, im Fünfvierteltakt war und von Pianist Lionel Haas mit besonders beeindruckender linker Hand gemeistert wurde. Lionel Haas ist ein Akkordmeister im besten Sinne, der mit atemberaubender Virtuosität seine Akkordrepetitionen zu Klangbergen aufschichtete und zu jedem Stil – Blues, Boogie, Modern – die passende Sprache, die passenden Wendungen parat hatte. Gitarrist Patrick Farrant brachte seinerseits ein Skalenrausche in die heiligen Apothekenkellerhallen, begeisterte mit rasanten und – ebenso wie Martin Lillich – mit glasklaren Skalen, tonstufenweise zielgerichtet, gleichzeitig mit Klangsensibilität. Rhythmische und harmonische Mimikry und Experimente waren beliebt an dem Abend, so in „To Three or not to Three“ einem Changieren, bisweilen Verschmelzen zwischen Dreier- und geradem Takt, veredelt durch den weiten Horizont der Musiker von Ballade, Swing bis rockig und ihr enormes Können. Gekonnt gehaltvoll.