Philip Catherine – Martin Wind Duo | 29.03.2025

Donaukurier | Karl Leitner
 

Ende der Siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als die Rock-Jazz-Fraktion mit elektronisch verstärktem Sound und aufgedrehten Verstärkern enormen Einfluss auf den Jazz hatte und Gitarreros wie Jan Akkerman, John Mc Laughlin, Al DiMeola, Larry Coryell und der Belgier Philip Catherine in aller Munde waren, sorgten ausgerechnet die beiden letztgenannten mit den ihren gemeinsamen Alben „Twin House“ (1977) und „Splendid“ (1978) für ein Gegengewicht, das nicht nur wegen des Bekanntheitsgrades der beiden weithin für Aufsehen sorgte, sondern wegen ihrer Rückkehr zur akustischen Variante ihrer Musik.

Heute sitzt der mittlerweile 83-jährige Catherine zusammen mit seinem Partner, dem in New York lebenden Kontrabassisten Martin Wind, auf der Bühne des Birdland Jazzclubs in Neuburg, sagt „Ich liebe die Stille!“ und taucht für gut 90 Minuten ein in seinen eigenen Kosmos aus leisen Tönen, sparsamen Akkorden und behutsamen Läufen, die so zerbrechlich wirken und doch so voller Leidenschaft sind und immer noch einen enormen Tatendrang ausstrahlen, gerade weil sie von spektakulärem Gehabe so weit entfernt sind und mit vordergründiger Präsentation musikalischer Technik so gar nichts zu tun haben wollen. Was Catherine an diesem Abend im Birdland tut, ist ausgesprochen intim, gewährt einen Einblick in die Seele eines Musikers in einem Augenblick, in dem er gerade dabei ist, sich regelrecht in sie zu versenken, sich von ihr entführen zu lassen in eine ureigene Welt aus Tönen und Klängen. Nicht laut, nicht schnell, niemals vordergründig – das ist Philip Catherine beim Konzert im proppenvollen Clubgewölbe vor andächtig lauschendem Publikum an diesem Abend, an dem man hören könnte, wie eine Stecknadel fiele.

Philip Catherine ist in höchstem Maße beeindruckend, obwohl er beim letzten Termin nach einer anstrengenden Tournee an manchen Stellen im Programm erschöpft und müde wirkt, was nachvollziehbar ist, denn ab einem gewissen Alter hinterlassen die vielen Auftritte in schneller Abfolge schon mal ihre Spuren, haben Auswirkungen auf die Kondition und die Konzentration. Gut, dass er mit Martin Wind einen – an diesem Abend freilich ebenfalls gesundheitlich angeschlagenen – verlässlichen und in höchstem Maße selbst kreativen Partner an seiner Seite hat, der die spielerischen Akzente setzt, zu Catherine ein geradezu inniges, von absolutem Vertrauen geprägtes musikalisches Verhältnis hat und enorm viel für die Struktur des Abends tut. Er ist der Fels, das Gerüst, die Basis, von der aus Catherine seine Exkursionen ins Innere starten, mit dem er den Verschmelzungsprozess wagen kann, der ihm per Blickkontakt und mit Hilfe einer gemeinsamen musikalischen Sprache aber auch wieder zurückhilft ins Jetzt.

Und so hört man an diesem Abend denkwürdige weil unwiederbringliche Versionen von Klassikern wie „I Fall In Love Too Easily“ und „My Funny Valentine“, Catherine-Originals wie „Pour Martine“ und „L’éternel désir“ und sogar Paul McCartney’s „Jenny Wren“, vorgetragen von einem Musiker, den man mit Fug und Recht – auch wenn der Begriff ansonsten recht inflationär gebraucht wird – als „Legende“ bezeichnen darf, und seinem kongenialen Partner, der für ihn zum Ende seiner langen und beeindruckenden Karriere hin ein echter Glücksfall ist. Bien fait, Monsieur Catherine!