Peter Weniger Quartett | 12.12.2008

Neuburger Rundschau | Clara Fiedler
 

„Weniger ist mehr.“ Das darf oder muss er sich wahrscheinlich ständig anhören, der Mann, der am vergangenen Freitag mit seinem Quartett mit unheimlicher Sanftheit auf dem Tenorsaxophon nicht nur dem überladenen Weihnachtskitsch den Kampf ansagte. Auch wenn die erste Nummer „Prayer“, laut Peter Weniger, nur zum „gewöhnen“ gespielt wurde – sie traf ohne Umschweife sofort ins Schwarze, führte dorthin, wo die Wenigsten heute noch hinfinden: Zu Ursprüngen.

Die Töne, die er da gibt, schmelzen wie Schneeflocken auf warmen Wangen und triefen vor stiller Glückseligkeit. Klarheit ist für den sympathischen Saxophonisten genauso ein Credo wie Verspieltheit und Virtuosität, keine der drei Eigenschaften leidet unter der anderen.
Wer aber nach „Prayer“ schon glaubt, er sei auf alles Weitere vorbereitet, der irrt sich: Flirrend heiß wird es mit einer Melodie aus dem südamerikanischen Chile, Kontrabassist Pepe Berns greift – wie es nur selten üblich ist – auch zum Bogen und bildet zusammen mit Hubert Nuss am Piano und Javier Reyes am Schlagzeug eine schwebend-fremdartige Grundlage, wie ein Stein, der ins Wasser fällt, und ruhige, immer größere Wellen schlägt. Darüber brennt das Saxophon mit lodernden Klängen Löcher in Wände. Erst viel später beginnt das Stück wieder zu swingen. Auch die folgenden Nummern sind Expeditionen, Reisen in unterschiedlichste Klangwelten.
Mit jeder Note stößt Weniger eine neue Tür auf, verweilt für eine kleine Unendlichkeit und lässt sie offen stehen, um gelegentlich zurückzukehren. „Olha Maria“, eine Ballade von Jobim, interpretiert er mit energiegeladener Andächtigkeit. Nach einer ausufernden „Solokadenz“ feuert die Gruppe mit dem groovigen „Vibes“ eine kräftige Portion Stimmung in den Keller und kurz vor der Pause kommt man noch einmal in den Genuss des Duos Weniger/Nuss, das mit dem Klassiker „In a Sentimental Mood“ Ergriffenheit und Ausgelassenheit gleichermaßen zelebriert.

Mit „El Cahon“ stellt der Solist sein unheimliches, technisches Niveau unter Beweis und greift in der zweiten Hälfte auch immer öfter zum Sopransaxophon. Als letzte Nummer kündigt er seine Eigenkomposition „Royal Oak“ an, die er seinem Lieblingsgetränk, dem Whiskey, widmet.
Und auch Pianist Hubert Nuss bekommt noch einmal die Gelegenheit, seine Liebe zur chromblitzenden, elfenbeinharten Dissonanz zu zeigen. Nach zwei Zugaben geht ein Konzertabend zu Ende, der Weihnachten kurzfristig zu dem gemacht hat, was es einmal war. Schade, dass das nicht öfter passiert.