Paul Kuhn Trio | 08.04.2011

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

As Time goes by! Wie die Zeit vergeht! Lassen wir mal alle Klischees beiseite, alle Fernsehbilder, Nostalgien, Geschichten und Histörchen. Lassen wir den Mann am Klavier und das Bier auf Hawaii, hören wir einfach zu, versuchen zu entdecken, warum dieser alte Herr da vorn auf der Bühne als ein wirklich bedeutender Jazzpianist gilt.

Zu Recht, wie sich schon nach wenigen Takten im Birdland herausstellt. Wie Paul Kuhn den swing aus dem Jackenärmel schüttelt, leicht durch den Raum schweben lässt, den Tönen nachsinnt, die er wie von selbst aus der Klaviatur des Bösendorfers perlen lässt, das macht ihm so schnell keiner nach, schon gar nicht in unseren Breiten. Unter der Händen des musikalisch erstaunlich vitalen 83jährigen werden die wohlbekannten Songs des Great American Songbook – ab und an schleicht sich auch mal ein europäischer Klassiker dazwischen wie Django Reinhardts „Nuages“ – zu echten Pretiosen in schimmerndem Licht: „I Love Paris“, „London By Night“, „Willow Weep For Me“ oder „You Driving Me Crazy“.

Swing kann so lässig sein, zugleich so viel menschliche Wärme und Seelentiefe verströmen wie in „One Morning in May“ oder „Griff“, Kuhns Hommage an den Kollegen Johnny Griffin. Manchmal hält er inne, entscheidet kurzerhand, der Song passe doch besser in einer anderen Tonart, beginnt von vorn. Seine beiden Begleiter, Gary Todd, der schon im ersten Paul Kuhn Trio die Basssaiten zupfte, und Gregor Beck, dessen feiner Groove seit einiger Zeit auch die Chris Barber Band in Bewegung versetzt, folgen dem jung geblieben Herzen des Pianisten auf allen Wegen bis weit „over the rainbow“.

Solch zeitlose Musik perlt wie guter Champagner, spritzig, elegant, charaktervoll, und wenn Paul Kuhn singt, mit diesem unwiderstehlich unbefangenen deutschen Akzent, spätestens dann ist auch dem Letzten im Keller klar: „It don’t mean a thing if it ain’t got that swing“. Den hat Paul Kuhn, ohne jeden Zweifel!