Wer kennt ihn nicht in Fernsehdeutschland? Zumindest all jene, deren Mattscheibenbiographie vor 1990 begonnen hat, wissen, wer Paul Kuhn ist. Zum zweiten Mal seit 1998 beehrte der 73jährige den Neuburger Birdland Jazzclub zu einem Rendezvous mit seiner alten Liebe, dem Jazz. Ein passenderes Geburtstagsgeschenk zum Zehnten des von Kuhn überschwänglich gelobten clubeigenen Bösendorfer Flügels hätte sich kaum finden lassen. Das Publikum im einmal mehr ausverkauften Keller unter der Hofapotheke dankte es ihm mit enthusiastischem Applaus.

„There’s no greater love“ – Das letzte Stück vor den Zugaben beschrieb recht genau den Ort, an dem Paul Kuhn sein Herz verloren hat: Im Land der unsterblichen Jazzstandards ist er daheim, hat die Atmosphäre der Clubs, Bars und großen Shows inhaliert wie nur irgendwer seiner Generation in Deutschland. Solche Atmosphäre umzusetzen in gepflegte stilvolle Eleganz ist seit je das Markenzeichen des Mannes am Klavier, sei es in der Big Band, sei es im kleinen Format des Trios, zu dem er in den letzten Jahren verstärkt zurückfindet. Locker und freundlich plaudert er zwischen den Stücken, kann und will seine Jahre als populärer Entertainer selbstredend nicht verleugnen, wirkt dabei jedoch immer natürlich, nie aufgesetzt oder von der Glätte der Glitzerwelt korrumpiert. Im Gegenteil, Paul Kuhn pflegt den Swing in weit mehr als nur routinierter Eloquenz oder geläufigem Plauderton. Der soignierte Gentlemen schüttelt die einschlägigen Songs nur so aus dem Ärmel, eine kleine Stilkunde inbegriffen, lässt die Tasten laufen, tupft mit perlendem Feingefühl leichte feine Melodien in den Raum. Auch seine Singstimme überzeugt durch entspannte Alltagstauglichkeit ohne Allüren. Gary Todd am Bass und Kurt Bong am Schlagzeug erweisen sich als bewegliche, sichere und flüssig swingende Partner auf einer Zeitreise, der die Zeit immer mal wieder stehen zu bleiben scheint in einer Bar in Manhattan, bevor es weiter geht im gut gefederten Chevy auf der Route 66.