Orchestre National De Jazz – „Close To Heaven“ – A Tribute To Led Zeppelin | 06.04.2006

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

(Audi Forum Ingolstadt)

Sie waren eine der einflussreichsten Rockbands in der ersten Hälfte der 70er. Ohne sie hätte sich das, was wir heute Heavy Metal nennen, wenn überhaupt, dann jedenfalls ganz anders entwickelt: Robert Plant, Jimmy Page, John Paul Jones und John Bonham, kurz Led Zeppelin. Was liegt näher als dem Heavy Metal mit ebensolchem zu Leibe zu rücken, sprich: die Songs von Led Zeppelin mit der geballten Kraft einer Bigband zu verquicken? Gedacht, getan, und so ließ Frank Tortiller mit dem Orchestre National de Jazz den „Black Dog“ und anderes auf die restlos begeisterten Zuhörer im Ingolstädter Audiforum los.

Rocksongs sind schließlich die Standards der meisten nach 1960 Geborenen. Warum also sollte man sich im Jazz auf die üblichen Verdächtigen des Great American Songbook beschränken oder auf die Kompositionen der Altvorderen des Genres, so schön diese sind? Die Geschichte geht schließlich weiter, die Beatles wie etliche andere Pop-Ikonen gehören inzwischen weitgehend ungefragt ins Repertoire etlicher Jazzer. Da bieten sich Led Zeppelin in Punkto Komplexität und Energie förmlich an.

Natürlich dürfen die Computerspielereien der Sample-Fraktion nicht fehlen – mit Originalschnipseln, versteht sich -, die meiste Zeit jedoch fegt beim ONJ quicklebendiger Jazz über die Rampe, rauschen energetische Soli durchs Rund des museum mobile, groovt Power Jazz mit durchdachtem Sinn und enormer Schubkraft, das in ungewöhnlicher Besetzung: Vibraphon und Marimba, E-Piano und Sampler, Bass, Schlagzeug und Percussion, natürlich ein kochend heißer Bläsersatz. Da hat auch das ob der Rock-Nähe „dazed and confused“ geprüfte Puristenherz Gelegenheit höher zu schlagen, und das nicht nur bei einem Trio-Intermezzo von Franck Tortiller, Christoph Asch und David Puradier Duteil an Vibraphon, Bass und Schlagzeug.

Zurück zum Jazz-Rock und „Stairway to Heaven“ mit dem Lagerfeuer-ohrwurmigen Intro auf dem Vibraphon, farbenreichem Bläsersatz, mit sensiblen weit ausholenden Soli auf Sopransaxophon, Trompete, Posaune und Baritonhorn, heftig groovenden Tutti und einer bluestrunkenen Reprise bevor die Stimme von Patrice Héral ins ferne „Kashmir“ entführt. Ganz anders! Und doch gilt mit Robert Plant, Jimmy Page, John Paul Jones und John Bonham: „The song remains the same.“