Zugegeben, am Freitag war auch Glück mit dabei. Eine halbe Stunde, nachdem Albie Donnelly’s Supercharge ihre Zugabe beendet haben, setzt der Regen ein. Das war knapp. Der Rest des dreitägigen Birdland Open Airs im Amalienhof in Neuburgs Altstadt aber war ein der pure Genuss.
Drei laue, nicht zu heiße Sommerabende am Freitag, Samstag und Sonntag, eine perfekt in das traumhafte Ambiente zwischen den wunderschönen historischen Gebäuden eingepasste Bühne, die auch optisch allerhand hermacht, ein hervorragend ausgesteuerter Sound und eine Organisation und ein Service, die wie am Schnürchen klappen. Und das ganze auch noch bei freiem Eintritt. Was will man mehr?
Die Idee, aus dem Clubkeller mal nach draußen zu gehen, seinem treuen Publikum nach all den Wirren während der Coronazeit als Dankeschön noch ein Zuckerl in die konzertfreie Sommerpause mitzugeben, stammte von Birdland-Chef Manfred Rehm, perfekt umgesetzt wurde sie von Robert Komarek und seiner Crew, der auch im Birdland stets für störungsfreie Abläufe sorgt.
Und die Musik? Die drei Tage boten eine gesunde Mischung aus all dem, was im Birdland das ganze Jahr über abläuft, dies jedoch natürlich unter besonderer Berücksichtigung dessen, dass ein Open Air andere Erwartungen schürt als ein Clubkonzert, dass man draußen einfach mal vorbeischauen, ein wenig zuhören und wieder weiterziehen kann, hängen bleibt, weil einem die Musik zusagt, oder ganz gezielt wegen eines ganz bestimmten Künstlers kommt. Erfahrene und über die Jahre wegen vieler Birdland-Konzerte vom Jazzbazillus ergriffene Fans und Zufallsbesucher nebeneinander, darum geht es, das macht den Reiz aus. Da ist der satte Rhythm’n’Blues von Albie Donnelly’s Supercharge, die messerscharfen Bläsersätze, die die Band am Festivalfreitag seinem Publikum einhämmert. Wie immer bei dieser Formation zielen Songs wie Junior Guitar Watson’s „Gangster Of Love“ direkt in den Unterleib, gehen in die Beine und stacheln die Leute an, sich selber zu bewegen oder doch zumindest mitzuklatschen oder mit den Füßen zu stampfen.
Der Samstag bietet das Kontrastprogramm dazu. Zuerst präsentieren Norbert Gabla und Andreas Blüml mit Bandoneon und Gitarre ihre ganz eigene Sichtweise auf den argentinischen Tango, der in ihrem Fall aus Argentinien und Uruguay und von Komponisten wie Astor Piazolla und Carlos Gardel kommt. Es geht ungleich ruhiger zu wie am Vortag, aber beileibe nicht weniger intensiv, und das Publikum zeigt sich schwer beeindruckt. Das gilt auch für den Auftritt des Quartetts um die Sängerin Cécile Verny. Die charismatische Sängerin mit den französisch-afrikanischen Wurzeln bietet einen Querschnitt aus ihrem Repertoire zwischen Jazz und Pop, zwischen intimen Balladen, hingehauchten Chansons und zielsicher nach vorne drängenden Songs, bei denen man sich mehr als einmal fragt, warum Stücke wie diese eigentlich nicht in den Charts auftauchen.
Der Sonntag beginnt mit dem Pianisten, Sänger, Komponisten, Komödianten und Entertainer Martin Schmitt und dessen Programm „Jetz is Blues mit lustig“. Bereits nach der ersten Nummer hat er die Lacher auf seiner Seite, weil seine Liedtexte und Zwischenansagen höchst originell und überaus pointenreich sind. Und man bewundert ihn ganz zurecht für sein Pianospiel, denn was er in den Bereichen Boogie, Blues, Ragtime und Stride auf dem Kasten hat, ist schon allererste Sahne. Die Groove Merchants beschließen dann das Festival. Dieses Quintett ist der Act des Festivals, der am tiefsten eintaucht in die Welt des Jazz. Die Blue Note-Ära der Fünfziger und Sechziger Jahre und Komponisten wie Horace Silver, Cannonball Adderly und Lee Morgan liegen der Band besonders am Herzen. Die Stücke von Tom Harrell und Duke Ellington hinterlassen einen besonders nachhaltigen Eindruck, der entspannte Groove passt wunderbar zur allmählich hereinbrechenden Dämmerung und sorgt für den leichthin funky swingenden Schlussakkord hinter dem Festival.
Ob das Birdland Open Air in dieser Form in den nächsten Jahren zu einer festen Einrichtung werden wird, kann heute natürlich noch niemand sagen. Zu wünschen wäre es auf jeden Fall. Sicher ist freilich längst, wer nach der Sommerpause ab September im Rahmen des regulären Birdland Clubprogramms seinen Besuch angekündigt hat. Unter www. birdland/programm/vorschau sind bereits alle Termine aufgeführt.