Noah Preminger Quartet | 27.09.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Im Birdland kann man in schöner Regelmäßigkeit wichtige und bekannte Persönlichkeiten der internationalen Jazzszene hautnah erleben. Unter anderem macht dies die Anziehungskraft des Clubs in der Neuburger Altstadt aus. Absolut lohnenswert kann es freilich auch sein, sich mal als Talentscout in eigener Sache zu betätigen und das Konzert eines Künstlers zu besuchen, den man vorher noch nicht auf dem Schirm hatte.

Zum Beispiel das des Noah Preminger Quartets aus New York. Wer aus diesem Grund den Weg in den Keller unter der ehemaligen Hofapotheke gefunden hat, dem dürften vermutlich die Augen auf und die Ohren übergegangen sein, denn die Combo, bestehend aus Noah Preminger (Tenorsaxofon), Jason Palmer (Trompete), Kim Cass (Kontrabass) und Dan Weiss (Schlagzeug) legt an diesem Abend zwei Sets hin, die hinsichtlich des Einfallsreichtums und der Ideenvielfalt aller Beteiligten ihresgleichen suchen. Das geht bei den nach allen Richtungen offenen Kompositionen schon los. Bereits im Thema kreuzen die Bläser die Klingen, der Drummer wechselt immer wieder den Beat, Preminger als Haupt-komponist, eigentlich fest auf dem Boden des Modern Jazz stehend, lässt sich zwischendurch sogar auf Georg Friedrich Händel, auf Filmmusik und mit „Trouble In Mind“ auf den Mississippi Blues eines Lightnin‘ Hopkins ein und bietet dem Publikum mit „Halfway To Hartford“ (Hartford/Connecticut ist seine Geburtsstadt) eine melodisch wie rhythmisch waghalsige Fahrt über Stock und Stein. Wahrlich, der Mann scheint die Gegend zu kennen wie seine Westentasche und weiß, wie man auf elegante Weise Bodenwellen und Haarnadelkurven nimmt.

Bands ohne ein Harmonieinstrument in herkömmlichem Sinne sind im Jazz zwar nicht unbekannt, aber auch nicht alltäglich. Nachdem das Klavier fehlt, ist in diesem Fall der Bassist für die Grunddaten zuständig. Zusammen mit dem sehr agilen Dan Weiss an den Drums sorgt Kim Cass für das Fundament, auf dem Preminger sich austoben kann. Und mit ihm die eigentliche Sensation des Abends, nämlich Jason Palmer an der Trompete.

Manch einer mag bereits beim ersten seiner innovativen, mit Zitaten nur so gespickten, virtuos gespielten und klug aufgebauten Soli unweigerlich an Dizzy Gillespie oder Roy Hargrove gedacht haben. Aber sicherlich nicht lang, denn hinter Palmer‘s Art, immer wieder stakkatoartige Salven abzufeuern, aus seinen unvergleichlichen Ausbrüchen und den waghalsigen Läufen stecken jede Menge Eigenständigkeit und Kreativpotential. Über weite Strecken ist er in der Tat die auffälligste Persönlichkeit in einer ohnehin schon erstklassig besetzten Band. Und wenn jemand am Ende des Konzerts behaupten würde, Palmer sei für ihn sogar die eigentliche Entdeckung des Abends gewesen, dann würde ihm vermutlich niemand widersprechen.