Nieberle – Morello Duo | 20.12.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Seit vielen Jahren gehört es zur Birdland-Tradition, dass das letzte Konzert vor Weihnachten im Gewölbe unter der ehemaligen Hofapotheke in der Neuburger Altstadt von den beiden Gitarristen Helmut Nieberle und Helmut Kagerer gestaltet wird. Auch heuer ist der Raum wieder gut gefüllt, denn mittlerweile weiß wirklich jeder, dass die beiden aus diesem ganz besonderen Anlass regelmäßig für exzellenten Gitarrenjazz sorgen.

Überraschenderweise kann man selbst dann von dieser Tatsache ausgehen, wenn – wie diesmal geschehen – einer der beiden krankheitsbedingt ausfällt. Diesmal nämlich muss Paulo Morello für Kagerer einspringen, aber der ist ein absolut gleichwertiger Ersatzmann, wobei es ja eigentlich völlig unangebracht ist, bei der Nennung seines Namens an das Wort „Ersatz“ überhaupt nur zu denken. Morello und Nieberle kennen sich gut, beide haben erst vor kurzem mit „Swing Is Here To Stay“ ein gemeinsames Album veröffentlicht, und jeder weiß ganz genau, wie sein Gegenüber tickt. Es bedarf also nur weniger Minuten, bis die Sache absolut rund läuft. „Wes Montgomery’s „Unit Seven“, Chet Baker’s „There Will Never Be Another You”, Sidney Bechet’s “Si Tu Vois Ma Mère” – bei den Klassikern herrscht sowieso sofort stilles Einverständnis, das Salz in der Suppe aber sind die eigenen Stücke.

Jeder hat seine Vorlieben. Nieberle lässt in „Basie Instinct“ das Erbe des großen Count Basie durchschimmern und setzt später mit einer sehr persönlichen Bearbeitung von „Someday You’ll be Sorry“ Louis Armstrong ein Denkmal, Morello frönt als Komponist und als Gitarrist seinen großen Leidenschaften, dem Bossa Nova und dem Valse Musette. Als Duo sind die beiden kaum schlagbar. Man geht unisono ein Stück gemeinsam des Weges, fängt dann an, sich gegenseitig zu umkreisen, zu umtänzeln und anzustacheln. Die Wege trennen und vereinen sich wieder, einer entwendet dem anderen eine melodische Figur, macht sie zu seiner eigenen. Man lässt sich sogar auf eine Verfolgungsjagd ein, bis beide schließlich, treulich vereint, einschwenken auf die gemeinsame Zielgeraden. Nur wenn zwei Musiker aufeinandertreffen, die eine gemeinsame Sprache sprechen, funktionieren solche Prozesse. Sie zu verfolgen, ist in höchstem Maße interessant und eine Sache für musikalische Feinschmecker.

Am Ende müssen die beiden drei Zugaben geben und das Fazit ist offenkundig: Das traditionelle Weihnachtskonzert in Form eines Gitarrenkonzerts war wieder einmal ein überaus gelungener Abschluss des Kalenderjahres im Birdland. Die Frage, ob Kagerer oder Morello besser zu Nieberle passt, stellt sich gar nicht. Vielleicht treten ja alle zusammen im nächsten Jahr als Trio auf? Was spräche dagegen? Bis dahin erstmal: Danke für den schönen Abend, Helmut Nieberle und Paulo Morello! Und gute Besserung, Helmut Kagerer.