Nicolas Simion Transsylvanian Night | 23.05.2009

Neuburger Rundschau | Christian Wurm
 

Passt Folklore, Jazz und Klassik eigentlich zusammen? Und wie! Vor allem, wenn die Musik von einem der besten Holzbläser und Komponisten im europäischen Raum serviert wird.
Nicolas Simion, der aus Siebenbürgen stammt und schon geraume Zeit in Köln lebt, versteht es meisterhaft, Enescu, Coltrane und Bartok unter einen Hut zu bekommen und die konkurrierenden Genres miteinander zu versöhnen, wenn das heutzutage überhaupt noch notwendig sein sollte. Und gerade die osteuropäische Folklore mit ihren oft ungeraden Takten und vertrackten Rhythmuswechseln ist für den Jazz prädestiniert.
Mit Piotr Wojtasik an der Trompete, Martin Lubenov am Akkordeon, Joris Teepe am Bass und Lieven Venken an den Drums hat Simion hervorragende Mitstreiter an seiner Seite. Während Wojtasik vor allem bei seinen jazzigen Improvisationen glänzt, ist Lubenov meist bei Themen aus der Folkloren in seinem Element und kreiert hierbei einen eigenständigen Stil. Die variantenreiche Rhythmussektion fungiert sozusagen als Klammer und festigt das Fundament.

Überwiegend sind es Eigenkompositionen des Bandleaders, die man an diesem Abend im Birdland- Keller zu hören bekommt. Dabei fällt vor allem die enorme Bandbreite und er Abwechslungsreichtum der Kompositionen auf. „Kisses For Mariuka“ beginnt fast sakral und steigert sich dann abrupt zu  einem jazzig-funkigen R & B-Stück. „Cioccana“ ist eine etwas wehmütige, wunderschöne Ballade. Das rasante „Dance From Maramuresh“ gewinnt durch seine ständigen Rhythmus- u. Stilwechsel seinen besonderen Reiz. Eine fulminante Interpretation von Elvin Jones‘ „Three Card Molly“ – wenn man so will, der Titel mit dem höchsten Jazzanteil – beendet den ersten Set.
Im zweiten Teil wird es noch abwechslungsreicher. Nach „Lullaby“ fließen in „Tam Tam d’Africe“ auch afrikanische und lateinamerikanische Elemente mit ein. Weiter geht es mit einer großartigen Soloperformance von Martin Lubenov am Akkordeon, der zu Themen bulgarischer Volkslieder improvisiert. Dem funkigen, mit spritzigen Bläsersätzen garnierten „50 Miles“ folgt das betörende
„Love Song“, das vor allem durch das Zusammenspiel von Bassklarinette und gestrichenem Bass seinen enormen Reiz erhält. Im groovigen „One For Kisses“, in dem Simion auch noch die eher exotische Obertonflöte Tilinka einsetzt, lässt noch einmal Transsylvanien grüßen. Ein weiteres wenig geläufiges Instrument wird schließlich noch bei der Zugabe eingesetzt. Ein Medley aus dem Banat, vorgetragen im Zusammenspiel von Akkordeon und dem ungarischen Tarogato (angesiedelt zwischen Klarinette und Sopransaxophon), beendet dieses wunderbare Konzert und entlässt das Publikum in die Sommerpause.