Nice Brazil | 19.09.2015

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Kontraste: sanfte Melodie und heiße Rhythmen, sonnentrunkene Lethargie und elastische Vitalität, wehmütiger Weltschmerz – Saudade – und überschäumende Lebenslust, gelassene Leichtigkeit und brodelnder Hintergrund: Die brasilianische Musik ist wesentlich reicher als es ein oberflächliches Hinhören erscheinen lässt. Das zeigte sich einmal mehr beim Konzert der brasilianischen Sängerin Cleonice dos Santos Jost mit ihrem Projekt Nice Brazil im Neuburger Birdland.

Allein schon die Qualität und die individuelle Klasse der Musiker bürgten für einen ersprießlichen Abend: Joao Luis Nogueira ließ die Gitarre in elegantem Akkordspiel und geschmackvoll perlenden Läufen förmlich leuchten. Ricardo Fluza trug am Piano vielfältige Farben und quirlige Phantasie bei. Franco Petrocca ließ seinen sechssaitigen E-Bass grooven und Valery Brusilovsky am Schlagzeug legte den vielgestaltigen rhythmischen Teppich.

In der Mitte erfreute die überaus modulationsfähige Stimme von Cleonice dos Santos Jost mit warmem Timbre, lebhaft-flexibler Phrasierung und authentischer Liebe zur Musik ihres Heimatlandes.

Spätestens seit Stan Getz in den frühen 60ern die bossa nova aus Brasilien in den Norden exportierte, sind die Kompositionen von Antonio Carlos Jobim, Luis Bonfa, Chico Buarque und ihren Weggefährten der Erneuerung brasilianischer Musik aus dem Kanon des Jazz nicht wegzudenken und haben sich dem kollektiven musikalischen Gedächtnis der Menschen weltweit eingeprägt.

Nice Brazil setzte in ihrem Konzert dankenswerterweise jedoch kaum auf die üblichen Verdächtigen des Repertoires, sondern – abgesehen u.a. von Jobims „Chega de saudade“, dem ersten Bossa nova Song der Geschichte – auf unbekanntere Klassiker sowie neuere und nahtlos eingefügte eigene Songs. Das erschloss den Reichtum der brasilianischen Musik noch einmal mehr. Ganz zum Schluss freilich durfte die Schöne aus Ipanema nicht fehlen