Tony Bennett’s „Nobody Else But Me“, Ella Fitzgerald’s „I’m Old Fashioned“, Benny Goodman’s „Soft Winds“ – Kompositionen wie diese teils bereits in den Dreißiger Jahren entstandenen Nummern sind ein Stück Jazzgeschichte und wurden tausendmal auf Platten eingespielt und auf unzähligen Bühnen weltweit gecovered. Ihnen auch heute noch Glanz zu verleihen, ihnen eine ganz persönliche Sichtweise abzugewinnen und aus ihnen einen rund-um stimmigen Konzertabend zu machen, ist also nicht unbedingt einfach.
Anna Auvergnac, die aus Triest stammende Sängerin mit der herrlichen Altstimme, die lange Jahre Teil des hoch angesehenen „Vienna Art Orchestra“ war, löst diese Aufgabe bei ihrem Konzert im Neuburger Birdland-Jazzclub freilich mit Bravour. Den ganzen Abend über lächelt, ja, strahlt sie förmlich, freut sich anscheinend über jedes einzelne Stück im Repertoire, zeigt sich sichtlich entspannt und gut drauf. Irgendwie liegt eine ganz eigene Aura über dem Konzert. Die Sängerin, die Musik, das aufgeschlossene Publikum – die Atmosphäre, es passt ganz einfach alles.
Und dann natürlich die Band. Lauvergnacs Begleiter gehen vollkommen entspannt aber dennoch hoch konzen-triert mit den Stücken um, die zum über-wiegenden Teil aus dem Album „Coming Back Home“ stammen, das das hier auf der Bühne stehende Quartett in Originalbesetzung 2014 veröffentlicht hat, was postwendend zu einer Auszeichnung mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik führte.
Claus Raible am Piano fällt zuerst auf. Von der Körperhaltung her gibt er sich absolut relaxed, ist aber hellwach, wenn es darum geht, originelle Beiträge als Begleiter oder als Solist abzurufen. Er spielt nicht nur enorm ideenreich, sondern auch ungemein witzig. Ihm zuzuhören und zuzusehen, macht ganz einfach Spaß. Bassist Giorgos Antoniou, der früher bei Joe Haider spielte, und Drummer Steve Brown aus London sind die optimalen Pulsgeber und bereiten den swingenden Teppich, auf dem die Vokalistin sich souverän bewegt.
Es ist nicht Lauvergnacs Ding, vordergründig irgendwelche Mätzchen zu veranstalten, nein, sie versenkt sich quasi in die handverlesenen Standards, atmet deren Geist, setzt deren Botschaft in Töne um. Und als sie sich schließlich mit der letzten Nummer des Programms sogar an „Hallelujah, I Just Love Her So“ von Ray Charles heranwagt, beweist sie auch noch eine enorme stilistische Bandbreite und gibt auch im Rhythm’n’Blues-Bereich eine vorzügliche Figur ab. „Music Is“ heißt eines ihrer Stücke im Birdland an diesem Abend. Man könnte den Titel in ihrem Fall erweitern: „Music Is Really Beautiful“.