Der eine grinst wie ein Honigkuchenpferd, der andere schmunzelt glücklich über beide Backen, während der Dritte eher zur Sorte der stillen Genießer zählt. Eigentlich brauchen die drei Gentlemen des „New York Swing Trios“ wirklich herzlich wenig, um sich in blendende Wochenendstimmung zu versetzen: Klavier, Gitarre, Kontrabaß, keine Steckdose, aufmerksames Publikum und ein bescheiden-stilvolles Ambiente.
Doch was heißt schon wenig? Während John Bunch, Bucky Pizzarelli und Jay Leonhardt in punkto Handwerkszeug von konstanten Verhältnissen ausgehen dürfen (Ausnahme: Piano), entwickeln sich Auditorium und Auftrittsort häufig zu unberechenbaren, manchmal sogar unerfreulichen Faktoren. Wieder mal die rühmliche Ausnahme: das Neuburger „Birdland“. Hier stimmt die vielzitierte Chemie nicht erst seit dem vergangenen Wochenende wie kaum in einem anderen Jazzclub Europas. Ein Loblied, das auch die so sehr von atmosphärischen Schwingungen abhängigen Musiker aus Manhattan nun aus voller Brust singen.
Gute Laune, schicke Soli, stets locker aus der Hüfte geschossen, und immer smile, smile smile, über zwei Stunden lang – Bunch, Pizzarelli und Leonhardt muß wohl nach Ende ihres restlos ausverkauften Konzertes jeder einzelne Gesichtsmuskel geschmerzt haben. Wer dies freilich als blanke Showroutine abtut und vermutet, daß die drei selbst unter einer Eisenbahnbrücke noch mit der gleichen Mimik zu Werke gehen würden, der ignoriert einfach die enorme Substanz des kurzweiligen, inspirierten und teilweise schlichtweg brillanten Vortrags im Keller unter der Hofapotheke.
Das Trio mit dem programmatischen Namen versteht sich nämlich meisterlich auf die hohe Kunst der Reduktion. Irgendwie mutet es manchmal fast wie ein neugieriges Experiment an, wenn die swingenden Gesinnungsgenossen ihre gebannte Zuhörerschar durch bewußte Dämpfung des Tons verschmitzt zum Innehalten, zum kontrollierten Atmen, zum aufmerksamen Lauschen zwingen. Die Stecknadelstille bei „Isfahan“, die Renaissance der Akustik bei „Lester Leaps In“: all dies gelingt nur einem Kollektiv, bei dem der eine das kann, was die anderen über alle Maßen lieben.
Jeder ihrer Schritte wirkt feinmotorisch aufeinander abgestimmt, beim fliegenden Wechsel der Melodielinien, den verschachtelten Dialogen oder den gepflegten Unisono-Passagen, mit denen die New Yorker gerne die Potenz ihrer Harmonien erhöhen. John Bunch, der elegante, mit allen Wassern gewaschene Pianist von Benny Goodman und Woody Herman tupft behutsam die Viertelnoten ins Elfenbein, der flüssig akkordisch agierende Bucky Pizzarelli touchiert die Saiten seiner siebensaitigen (!) Gitarre, während Jay Leonhardt leicht wie eine Feder über seinen Baßkorpus fliegt. Selbst die wenigen tempomäßigen Ausreißer („Dood`s Cheesecake“, „Air Mail Special“), hauptsächlich ein Forum für Pizzarelli und seine flink-virtuosen, blues- und bopgetränkten Griffwechsel, oder Leonhardts Gesangseinlage („It`s impossible to sing and play the bass“) fallen kaum aus dem Rahmen des fragilen Erscheinungsbildes.
Kann sein, daß derart subtile, zeitlose Dosierungen im schrillen Musikgeschäft gleich wieder als bieder, hausbacken und risikoarm gelten. In Wirklichkeit besitzt das „New York Swing Trio“ aber als eine der wenigen Gruppen die Formel für den wundersamen, entspannenden Zauber der Langsamkeit. Keine Frage, wer hier zuletzt lacht.