Wie einer jener eleganten Salons in Buenos Aires, wo um die Jahrhundertwende der Tango erblühte, wirkte der ausverkaufte Birdland Jazzclub beim New Tango. Mit der Formation um Pablo Ziegler gastierten drei herausragende Musiker an der Donau, die Tradition und Moderne des Tango auf einen schlüssigen, wenn auch passagenweise etwas zu gefälligen Nenner brachten.
Melancholie und Lebenslust, die Trauer über die verlorene Liebesmüh und den Stolz des Neubeginns nach der Niederlage, das alles enthält der Tango, jener einzigartige argentinische Tanz im langsamen 2/4- oder 4/8-Takt, der sich seit 1911 von Pariser Ballsälen aus als Gesellschaftstanz auch über Europa verbreitete. Das Verdienst des großen argentinischen Komponisten Astor Piazolla (1921-1992) ist die Entwicklung des Tango zu einer eigenständigen konzertanten Musikform. Pablo Ziegler saß lange Jahre in Piazollas Ensemble am Piano, ist sich als ein berufener Erbe des großen Meisters der Verpflichtung auf die Tradition ebenso bewusst wie auf die Notwendigkeit zeitgemäßer Vergegenwärtigung. Mit Fingerspitzengefühl, Empathie und kreativer Beweglichkeit interpretiert er gemeinsam mit seinen Partnern Quique Sinesi an der Gitarre und Walter Castro am Bandoneon etliche Piazolla-Kompositionen wie auch eigene Stücke. Das New Tango Duo zeichnet sich durch blindes Einvernehmen aus in komplexen Unisoni, im sensiblen Rollenwechsel zwischen Solo und Begleitung, in der Ausprägung individueller Persönlichkeit wie in hörendem Einvernehmen. Zieglers Pianospiel bewältigt eloquent, geläufig und routiniert den Spagat zwischen dem Anspruch der Kompositionen und den Erwartungen des Publikumsgeschmacks. Nur selten segelt er dabei haarscharf an den Rand des Klischees, ohne jedoch über dessen Ränder zu kippen. Sinesi zeigt sich als Gitarrenvirtuose, dessen vielseitige Möglichkeiten über die lateinamerikanischen Wurzeln hinausreichen in einen weiten weltmusikalischen Horizont. Als eine echte Entdeckung erweist sich der zeitweilige Dritte im Bunde Walter Castro. Er sorgt am Bandoneon nicht nur für die typischen Klangfarben, sondern auch für so manche solistische Sternschnuppe am südlichen Nachthimmel. In temperamentvoller Hingabe an sein Instrument, dessen förmlich atmende Qualität im Gewölbe des Jazzkellers den idealen Widerhall findet, verpflichtet Castro die zuweilen vom Eklektizismus bedrohte Darbietung des New Tango Duo so hörbar auf ihren Ursprung, dass im Birdland an der Donau die Emocion nur so knistert!