New Orleans Shakers | 01.10.2021

Donaukurier | Karl Leitner
 

New Orleans, so heißt es, sei ein musikalischer Schmelztiegel. Die New Orleans Shakers sind es auch. Denn obwohl sie sich nach der Crescent City benannt haben, kommt in ihrem Programm viel mehr vor als die üblichen Verdächtigen des Oldtime Jazz, die immer dann zitiert werden, wenn es um die Anfänge des Jazz in der Metropole im Mississippi Delta geht.

Zu den beiden Bandgründern Thomas L’Etienne an der Klarinette und am Tenorsaxofon und Torsten Zwingenberger am Schlagzeug und einem umfangreichen Arsenal an Perkussionsinstrumenten gesellen sich an diesem Abend im Birdland Jazzclub der Pianist Thibault Falk und der Kontrabassist Carmelo Leotta und tun genau das, was man von ihnen erwartet, packen also zu Beginn des Konzerts gleich mal Jelly Roll Morton’s „Wolverine Blues“ und Fats Waller’s „I’m Crazy About My Baby“ aus, im weiteren Verlauf gar Henry Lodge’s „Temptation Rag“. Der Versuchung, diese altehrwürdigen Stücke lediglich als Folklore zu sehen und quasi „Touristenversionen“ abzuliefern, erliegt das Quartett zum Glück nicht. Nein, was man hier zu hören bekommt, klingt durchaus frisch und lebendig, nicht nach einer billigen Kopie.

Beste Grüße also „From New Orleans to Newcastle on Danube“? – Nein, weit mehr. Das American Songbook wird aufgeschlagen, der große Duke Ellington kommt zum Einsatz, mit Louis Jordan’s „Caledonia“ und Eddie Vinson’s„Kidney Stewe“ geht’s in Richtung Rhythm’n‘ Blues, man hört Musik aus Martinique und der Anteil an brasilianischen Kompositionen ist mindestens ebenso hoch wie der mit Verbindung nach New Orleans. Thomas L’Etienne gibt den ausführlich plaudernden Conferencier und schlüpft immer wieder in die Rolle des Sängers, wobei er allerdings als Instrumentalist eindeutig überzeugender ist.

Wie man am überaus erfreulichen Zuschauerzuspruch ablesen kann, hat Oldtime Jazz eine absolut treue Fangemeinde. Und ja, beide Seiten, Musiker wie Publikum, haben jede Menge Spaß an diesem Abend, erstens weil man für einen musikalischen Bummel durch die Canal Street oder über die Bourbon Street keine fundierte Jazz-Ausbildung braucht, zweitens weil sich im Verlauf des fast dreistündigen Konzerts die Stimmung immer mehr hebt und weil drittens die Herren auf der Bühne auch so einiges dafür tun, dass dies so bleibt. Zwingenbergers Solo anlässlich des von ihm auf Dampflok-Betrieb umgestellten Klassikers „Sentimental Journey“ ist so ein Beispiel. Alle Fans der legendären Maschinen der Baureihe 01 kommen hier voll auf ihre Kosten, wenn das Stück – das ja nicht umsonst vom SWR als Titelmusik für ihren Dauerbrenner „Eisenbahnromantik“ eingesetzt wird – Fahrt aufnimmt. Und wer nicht Fan ist, der staunt zumindest über die täuschend echte Klangspielerei.

So erlebt das Publikum also einen entspannten Abend mit Stücken, die es bereits kennt, aber auch solchen, die es noch nicht kennt. Und den Musikern merkt man einmal mehr an, wie glücklich sie darüber sind, dass sie nach dem Lockdown endlich wieder live vor echtem Publikum spielen können.