Nduduzo Makhathini Quartet | 05.11.2021

Donaukurier | Karl Leitner
 

Der Name Nduduzo Makhathini fällt nicht allzu oft, auch in Jazzkreisen nicht. Im Birdland, wo der Pianist und Komponist aus Südafrika mit seinem Quartett ein Konzert gibt, wird er noch lange nachhallen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn was er selber, Gérard Portal am Kontrabass, Likmul Perez am Schlagzeug und vor allem Tony Kofi am Alt- und Sopransaxofon an diesem Abend abliefern, ist von Anfang an hochenergetisch, impulsiv und explosiv.

Hinter den Stücken Makhathinis steckt sehr viel Philosophie, Spiritualität und der bewusste Umgang mit dem persönlichen Erbe wie auch mit dem musikalischen. Wobei er sich ausdrücklich auf Charly Parker, John Coltrane und Thelonious Monk beruft. Es gibt zwei eigens dafür vorgesehene Passagen im Konzert, in denen er seinem Publikum diesen ganz eigenen und für uns Europäer oft unverständlichen Kosmos erklärt. Um es dann regelrecht zu entführen mitten hinein in eine Welt, in der es zwar um US-Jazz geht, aber eben auch um Afrika und seine Rhythmen, seine Chants, die ritualisierte Spielweise, die durch Musiker wie Abdullah Ibrahmin, Hugh Masekela oder neuerdings durch ihn selber vertreten wird. Er ist der erste Musiker seines Heimatlandes, der beim legendären Blue Note Label unter Vertrag genommen wurde. Das sagt einiges aus über die Bedeutung, die man ihm beimisst.

Makhathini ist ein exzellenter Pianist mit völlig eigener Sprache, dezenter Begleiter, sich reibender und quer legender Solist. Der Mann sprüht nur so vor Ideen. Jedoch hat er mit Tony Kofi, verwurzelt in Ghana, geboren aber im englischen Nottingham, einen Kollegen mit an Bord, der ihm Paroli bietet, ständig herausfordert. Das Fassungsvermögen seiner Lungenflügel muss enorm sein. Kofi schwingt sich auf in höchste Sphären, lässt sich genüsslich abstürzen und überschlägt sich währenddessen noch mehrmals. Selten hat man in letzter Zeit im Birdland einen extrovertierteren Saxofonisten gehört. Es gibt Passagen an diesem Abend, da ist die Band im Rausch, da geht es immer weiter, als zöge ein unsichtbarer Sog die Musiker hinein in einen Malstrom. Stück reiht sich an Stück, oft nahtlos, wenn der letzte Akkord einer Komposition gleichzeitig der Anfang der nächsten ist. Alles ist im Fluss. Er reißt nie ab, mäandert vielmehr. Man weiß nie, was einen hinter der nächsten Biegung erwartet. Ein großstädtischer Marschrhythmus kann es sein oder auch der weite Klang der einsamen Ebene, ein behutsames Piano-Solo, heftige Fanfarenstöße oder schier ungebrems-tes Power Play.

„Jazz lebt im Augenblick“, sagt Makhathini. Das erklärt die ungeheure Lust des Quartetts an der Improvisation. Die grobe Richtung ist vorgegeben, dann beginnt das Abenteuer, für die Musiker wie auch für das Publikum, das sich gerne entführen lässt und sich sogar spontan rhythmisch und stimmlich beteiligt. Das ist in diesem Fall nicht peinlich, sondern gehört mit dazu, wenn man sich auf afrikanische Musik im Allgemeinen und auf afrikanischen Jazz im Besonderen einlässt. Manchmal können Anspruch und Spaß erstaunlich nah beieinander liegen.