Das Vibraphon, eine metallene Weiterentwicklung des Xylophons, wurde im Grunde dreimal erfunden: 1916 erhielt Hermann Winterhoff in den USA ein Patent auf seine „Steel Marimba“. In den frühen 30ern brachte Lionel Hampton es zum Fliegen. Und es war Milt Jackson, der es im modernen Jazz zu ganz eigenem Leben erweckte. „Bags“, wie er wegen seiner ein wenig herabhängenden Wangen genannt wurde, blieb über lange Zeit der führende Musiker auf dem Instrument. Seine profunde Musikalität trug ihn vom Bebop Dizzy Gillespies über den Cool Jazz des Modern Jazz Quartet bis zu Duoeinspielungen mit Oscar Petersen und zu eigenen Gruppen u.a. mit Monty Alexander und Ray Brown. Die beiden letzteren spielten übrigens immer wieder mal im Neuburger Birdland, auch Milt Jackson selbst war hier in den 90ern zu hören. Oscar Petersen schließlich traf die Vorauswahl für den Bösendorfer, der im Keller unter der Hofapotheke immer wieder seinen Wohlklang entfaltet.
Die spätere Phase von Milt Jacksons Lebenswerk, der 1999 in New York starb, machte sich im Neuburger Birdland der Kölner Vibraphonist Matthias Strucken zu eigen. Mit mal entschlossenem Anschlag, mal butterweichem Streicheln der Metallplatten entfaltete er den Klang des Vibraphons in seiner ganzen Bandbreite. So wurde er seinem Vorbild in jeder Hinsicht gerecht. Sei es in der Ballade „I Loves You Porgy“, sei es mit Nat Adderleys „Worksong“ oder mit dem hurtigen „Bag’s Groove“: Strucken beherrscht sein Instrument in allen Facetten.
Seine Band zeigte handverlesene Mitspieler. Martin Sasse, auch er ein regelmäßig gern gesehener Gast in Neuburg, brachte den Bösendorfer zu allen Ehren. Mit leicht swingender linker und flinker rechter Hand sorgte er immer wieder für feine Zwischentöne und fantasievolle Soli. Matthias Nowak am Bass und Matthias Kornmeier am Schlagzeug trugen erquicklich erfrischende Rhythmen bei zum „Milt Jackson Project“. „Bags“ hat auf seiner Wolke sicher ein bisschen mit dem Fuß gewippt und ein leises, heiseres „Yeah, man!“ geflüstert.