Mikkel Ploug Trio | 15.04.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Was sind das nur für sonderbare Klänge. Einerseits lieblich, in sich ruhend, dann wieder schroff und rastlos. Eine elektrisch verstärkte, mit viel Hall unterlegte Gitarre gibt markante Spuren vor, malt fast aquarellartige Bilder an die Wände des Gewölbes des Birdland Jazzclubs, die vom Schlagzeuger mit zum Teil geradezu verstörender Heftigkeit zertrampelt werden, während der Kontrabass versucht, so gut es geht zu vermitteln.

Das Mikkel Ploug Trio aus Dänemark hinterlässt an diesem Abend seine Visitenkarte im renommierten Club in Neuburgs Altstadt, mit Ploug an der Gitarre, Jeppe Skovbakka am Kontrabass und Sean Carpio am Schlagzeug und mit einer Musik, die schwer zu greifen ist. Es gebe drei Schwerpunkte, erklärt der Bandleader vorneweg, Jazz-Standards, eigene Stücke und Bearbeitungen von zum Teil weit über hundert Jahre alten Werken dänischer Komponisten wie Bent Sørensen und Carl Nielsen. Und es gibt – das bedarf keiner Erklärung, das hört man – ein vor der Pause fast schon verwirrendes Durcheinander von Rock und Jazz, von heftigen Attacken und mystisch-melancholischen Passagen, von flächigen Melodielinien und flirrenden Kürzeln.

Ploug hat während des Corona-Lockdowns in Dänemark 28 Nächte hintereinander auf seinem Balkon für Nachbarn und Online-Hörer auf der ganzen Welt Gitarrenmusik eingespielt. Er lasse sich beim Komponieren liebend gerne inspirieren von den Stunden zwischen Helligkeit und Dunkelheit, zwischen der Hektik des Tages und der Ruhe der Nacht, zwischen Realität und Traumwelt, sagt er. Das erleichert eindeutig die Orientierung. Mit dieser Aussage im Hinterkopf gewinnt das Konzept Plougs an Kontur, wird die Lage übersichtlicher. Wer einmal die schier unendlichen Dämmerungsphasen, das langsame Hinübergleiten aus der erleuchteten Welt in die nur leicht abgedunkelte im nordischen Sommer erlebt hat oder alternativ die bläuliche Schwärze des Winters, der findet vermutlich leichter Zugang zu dieser Welt, zu der ein sprödes Gitarrenintro ebenso passt wie die innere Unrast der immer wieder während des Abends auftauchenden und fest im Programm verankerten Rock-Jams, eine kleine unschuldige Melodie ebenso wie ein scharfes Gitarrenriff. Das Ploug seine Stücke „Stockholm Night Lights“ nennt, „Daybreak“ oder auch „Summer Song 2019“, bringt dies deutlich zum Ausdruck.

Nach der Pause präsentiert sich die Band runder. Der Schwebezustand ist zwar immer noch vorhanden und in stilistischer Hinsicht gibt es auch jetzt noch diese seltsamen Zwittersongs, die aber jetzt leichter greifbar sind. Oder man hat sich als Hörer mit zunehmender Zeitdauer ganz einfach besser eingestellt auf diese sonderbare Musik und tut sich deswegen leichter. Irgendwie beruhigt sich die Lage und es scheint, als bereite sich die Band tatsächlich darauf vor, nach der Hektik des Tages allmählich hinüberzugleiten in die Phase der nächtlichen Stille. Die beiden überaus ruhigen, fast besinnlichen Stücke der Zugabe wären ein Indiz. Spinnt man diesen Gedanken fort, wäre der Abend das kunstvoll in Szene gesetztes, auf zwei Stunden komprimiertes Abbild eines Tages mit all seinen Kontrasten und Schattierungen.