Mike LeDonne – Vincent Herring Quartet | 13.04.2019

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Manchmal klingt eine Hammond B3 wie eine fauchende Großkatze kurz vor dem Sprung durch den Feuerreifen. Da braucht‘s dann einen kundigen Dompteur. Mike LeDonne weiß die elektromechanische Orgel zu zähmen, ihre Energie zu bündeln, zu kanalisieren und wohldosiert freizugeben.

Der 63jährige New Yorker zeigte sich im Neuburger Jazzclub einmal mehr als Meister der Manuale, Zugriegel und Fußlagen. Dabei hatten die Götter hier wie selten den sprichwörtlichen Schweiß vor den Erfolg gesetzt. Das „Biest“, wie viele Organisten die B3 wegen ihres Gewichts liebevoll nennen, musste schließlich erst mal samt Leslie-Lautsprecher und Box die ganze Treppe in den Keller hinuntergeschleppt und auf die Bühne gewuchtet werden. Ob solcher Last werden aus den gut vier Zentnern des 1958 gebauten Instruments leicht gefühlte zehn. Doch: „Es war‘s wert!“, wie Mike LeDonne auf der Bühne letzten Endes zufrieden konstatierte.

In der Tat: Was da an Energie über die Rampe fegte, dürfte seinesgleichen suchen. In klassischer Orgeltrio-Kombi mit Gitarre und Schlagzeug, wie weiland zu Zeiten Jimmy Smiths, und verstärkt durch einen schneidigen, lupenreinen Hardbop Powerbläser am Altsaxophon entfaltete sich am „Fun Day“ im Birdland ein federnder, fesselnder, mitreißender Groove. Zugleich hatte die Musik humanen Tiefgang, reflektierte persönliche Erlebnisse und die Gegebenheiten des Lebens. „You‘ll Never Know What You Mean to Me“ etwa fand Bedeutung für LeDonne, als seine heute 15jährige Tochter nach der Geburt erst mal in den Brutkasten verfrachtet werden musste.

Das Quartett mit Hans Braber am Schlagzeug, Martien Oster an der Gitarre und dem Birdland Urgestein Vincent Herring am Saxophon – für den Bass sorgte mit Hand und Fuß der Organist – spielte wie aus einem Guss. Der „From the Heart“ sprudelnde Tatendrang verband in passgenauer Mischung Emphase und Raffinesse, sodass sich Hirn und Herz gleichermaßen freuen durften im „Good Life“ dieses Konzertabends.

Im Puls der Band ließen die fliegenden Hände LeDonnes die Orgel mit ihren schier unerschöpflichen, stets charakteristischen Klangvarianten flirren, funkeln und fauchen, schweben und schwelgen, zupacken und entspannen. Und ehe man sich‘s versah, war die Katze gesprungen, mit majestätischem Schwung, mitten durch den Feuerreifen!