Miguel Zenón Quartet | 27.02.2015

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Er kann’s auch ganz soft, mit butterweichem Sound, dahingeschmolzen und kandiert. Das Saxophon, sonst so furios und „looking forward“ geblasen, schwebt in solchen Momenten geradezu schwelgerisch durch den Neuburger Jazzclub. Er kann! Die meiste Zeit jedoch – und das ist gut so – macht Miguel Zenón im Birdland seinem Ruf als intelligentes Temperamentsbündel am Alto alle Ehre, tänzerischer freilich, verbindlicher und anmutiger als vor Jahren. Da stand er als Rising Star auf der Bühne des Birdland, inzwischen gilt er als avancierte Größe der internationalen Szene.

Der inzwischen 38jährige, schmächtige Mann aus Puerto Rico verfügt über einen riesigen Vorrat an kreativer Energie. In der Mitte des weich ummantelten Sounds steckt eine unverbiegbar klare, schneidige Kraft, die in ihrer Singularität den Titel „Identities Are Changeable“ schier Lügen straft.

„Through Culture And Tradition“ entwickelt sich die ob ihrer Komplexität nicht immer unmittelbar zugängliche musikalische Sprache eines Höchstbegabten, der nach etlichen Jahren energiegeladener Virtuosität ein gut Teil Innigkeit entdeckt in „My Home“ und dem „Second Generation Lullaby“. Immer wieder blitzt die explosive Rasanz durch, geläutert freilich und deutlich abgeklärt.

„¿De Dónde Vienes?“ Der karibische Touch bleibt integraler Bestandteil einer Musik, die ansonsten mit allen Wassern des modernen Jazz gewaschen ist.

Dem bleibt die Band verpflichtet mit dem blitzgescheiten, quecksilbrigen Luis Perdomo, der immer wieder überraschende Tupfer ins Geschehen setzt, dem dunkel intonierenden, sonoren Jorge Roeder am Bass und mit dem filigran klöppelnden, phantasievoll agilen Henry Cole am Schlagzeug. Charakterstarker Jazz, intelligent und virtuos, innig und komplex, manchmal einfach wunderschön!