Michael Musillami Trio + 2 | 13.03.2020

Donaukurier | Karl Leitner
 

Was vor ein paar Tagen noch niemand ahnen konnte: Dieses Konzert mit dem amerikanischen Gitarristen Michael Musillami und seiner Band wird für längere Zeit das letzte im Jazzclub unter der ehemaligen Hofapo­theke gewesen sein. Denn wie viele Ver­anstalter bundesweit hat sich nun auch Birdland-Chef Manfred Rehm entschlos­sen, alle Konzerte bis Ostern abzusagen.

Jazz in Zeiten des Ausnahmezustands? – Eindeutig ja. Die Zahl der Besucher hält sich in Grenzen an diesem Abend und die Musiker, die allesamt aus New York kommen, erzählen, wie ihnen die Behörden bereits bei der Abreise vor einigen Tagen erklärt hätten, dass sie bei der Rückkehr in die Heimat damit rechnen müssten, auf jeden Fall medizinisch getestet und isoliert voneinander über­prüft zu werden, vermutlich aber sogar für unbestimmte Zeit in Quarantäne zu kommen. Hut ab vor dem Mut, dass sie sich unter diesen Bedingungen über­haupt in den Flieger nach Europa gesetzt haben.

Und die Musik? – Ja, die gibt es auch. Musillami, der von Kennern der Jazzgitarrenszene durchaus in einem Atemzug genannt wird mit John Scofield und Pat Metheny, aber eben nicht über deren Lobby und somit nicht über deren Be­kanntheitsgrad verfügt, hat seine Band „Trio+1“ mit Joe Fonda am Kontrabass, George Schuller am Schlagzeug ins Birdland mitgebracht und zusätzlich als Gast Thomas Heberer an der Trompete. In den Kompositionen Mussilami’s treffen gemächliche Passagen auf hektische Betriebsamkeit. Die verschworene Ge­meinschaft des seit 17 Jahren existieren­den Trios und der sich ständig auf über­aus kreative Weise einmischende „Gast“ an der Trompete, ziehen, zerren und rüt­teln an den in schöner Eintracht vorge­stellten Themen, lassen sie in sich zu­sammenfallen, bringen sie mit Feuereifer zum Einsturz, ordnen die Einzelteile und fügen sie auf teils fast wundersame Wei­se neu zusammen. Wie sich am Ende eins ins andere fügt, ist in der Tat in höchstem Maße erstaunlich.

Und hinter jedem einzelnen Stück steckt eine Geschichte. Der Tod eines Schülers Musillami’s bei „For Robert Paris“, die akustische Hommage an seinen Mentor in „D’Iorio“, das verschmitzte „Uncle Pheno’s Garden“ in Erinnerung an seinen Onkel, der dem Beruf des Tre­sorknackers nachging, und schließlich „June Recovery“, eine von mehreren Kompositionen, die während Mussila­mi’s Rekonvaleszenz nach seiner erfolg­reichen Operation aufgrund eines Ge­hirntumors entstanden.

Auch die Zugabe am Ende ist mit Be-dacht gewählt. Eine wunderschöne Bearbeitung von „In A Sentimental Mood“, der weltberühmten Komposition Duke Ellington’s, fängt genau die wehmütige Stimmung ein, die nach den Konzert im Birdland herrscht. Es ist erst einmal vor­bei. Manfred Rehm plant zwar, pünktlich am 17. April mit dem Gastspiel der schwedischen Posaunistin Karin Ham­mar, ihrer Band Fab 4 und dem Projekt „Circles” den Konzertbetrieb wieder auf­zunehmen, aber ob das auch tatsächlich möglich sein wird, kann heute wohl nie­mand wirklich einschätzen.