Max Greger jr. Trio | 09.10.2020

Donaukurier | Karl Leitner
 

Vermutlich könnte man ihn um drei Uhr nachts wecken und er würde diese Klassiker des Jazz auch in schlaftrunkenem Zustand makellos inter­pretieren. Nun ist Max Greger Jr. an die­sem Abend im Neuburger Birdland-Jazz­club aber alles andere als das. Ganz im Gegenteil. Hellwach, hoch motiviert, au­ßerordentlich konzentriert und bester Stimmung bringen er und seine beiden Begleiter Markus Schieferdecker am Kontrabass und Bernd Reiter am Schlag­zeug all die wunderbaren Standards auf die kleine Bühne des Clubs im Keller unter der Hofapotheke, und das in einer Art und Weise, dass es die pure Lust ist, ihnen dabei zuzuhören und zuzusehen.

Natürlich kennt auch der, der noch nie etwas mit Jazz zu tun hatte, Stücke wie Fats Waller’s „Honeysuckle Rose“, Duke Ellington’s „Satin Doll“ und Erroll Gar­ner’s „Misty“, sei es aus dem Radio, von Platten oder von sonst woher, sind sie doch längst Allgemeingut. Diese Num­mern live zu hören, ist freilich noch ein­mal etwas komplett anderes. Vor allem dann, wenn einer wie Greger Jr. sie zum Gegenstand eines Konzerts macht. Spie­lerisch auf höchstem Niveau und mit läs­siger Eleganz nimmt er sich ihrer an, spielt sie nicht nur, sondern macht sie zu seinem Lieblingsspielzeug.
Greger hat ja verschiedene Gesichter. Mal ist er mehr Entertainer, ein Mann des Showbusiness, mal verkörpert er mehr den charmanten Plauderer oder Conferencier und wenn ihm danach ist, verjazzt er sogar Weihnachtslieder. In der Rolle des Swing-Pianisten freilich geht er förmlich auf. Und an diesem Abend, mit diesem Repertoire aus Stan­dards und Evergreens, mit diesen hervor­ragenden Begleitern an der Seite, in die­sem ehrwürdigen Club, hängt er sich so richtig rein.

Der Abend beginnt mit einer fulminan­ten Fassung von Johnny Green’s „Out Of Nowhere“ und endet mit einer ebensol­chen von Ellington’s „Take The A-Train“ als zweiter Zugabe. Dazwischen liegen knapp zwei Stunden, die vergehen wie im Flug. Schieferdecker und Reiter lau­fen zu ganz großer Form auf und „On Green Dolphin Street“, „Perdido“ oder Friedrich Hollaender’s „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ werden zu Duftperlen in einem Wohlfühl-Schaum­bad für das Auditorium wie auch für die Musiker selbst.

Wenn Greger eines seiner Soli spontan mit dem Zitat des Titelmotivs von „Auf Wiedersehn“ beendet, wenn Reiter mit selbstvergessenem Gesichtsausdruck auf dem Groove, den er selber hervorruft, dahin reitet, wenn Schieferdecker das Thema solistisch umgarnt und mit der Melodie flirtet, dann sprüht das nur so vor Witz und guter Laune, ist das für die drei Herren auf der Bühne des Birdlands mehr als lediglich ein bezahlter Job, mehr als die Ausübung ihres Berufs, nein, man spürt die Lust, nach langer, coronabedingter Pause, endlich wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen zu können, nämlich als Teil eines Piano Trios Swingnummern zu spielen. Num­mern, die viele vor ihnen zwar auch schon gespielt haben, aber selten mit so viel Leidenschaft, so viel Hingabe und Liebe zum Detail. Alle die Zeuge des Ganzen wurden, können sich glücklich schätzen.