Max De Aloe Quartet „Ciao Toots“ | 27.05.2022

Donaukurier | Karl Leitner
 

Jazz für die Augen in Form einer Fotoausstellung zum Thema „Birdland Radio Jazz Festival“ und für die Ohren als Livekonzert an einem Tag, das ist selbst in Neuburg, der Hei­mat des Birdland, eines der wichtigsten Jazzclubs Deutschlands, selten.

Das gemeinsam vom Bayerischen Rundfunk und dem Club veranstaltete Birdland Radio Jazz Festival wurde ab dem ersten Tag, dem Konzert des legen­dären Pianisten Cecil Taylor im Som­mer 2011, von acht Fotografen im Bild fest­gehalten. Deren Werke sind – zusam­men mit Objekten und Bildern der Künstlerin Alexandra Fromm zum The­ma Jazz – in der Städtischen Galerie im Fürstengang zwischen dem Schloss und der Hofkir­che in einer Ausstellung zu se­hen, die mit einer Vernissage eröffnet wurde. Nach der Begrüßung durch Neu­burgs Oberbürgermeister Dr. Bernhard Gmeh­ling schlug der zuständige Musikredakt­eur und Jazzspezialist Roland Spiegel vom Bayerischen Rundfunk eine inhalt­liche Brücke zwischen dem Wesen des Jazz und den sich aus dieser Quelle spei­senden Werken der bildenden Küns­te, insbesondere der Fotografie, der Ma­lerei und der Bildhauerei, und zeichnete den gemeinsamen Weg des Senders und des Jazzclubs und dessen Chef Manfred Rehm nach.

Der sich an die Vernissage anschließen­de zweite Teil des Abends steht dann ganz mit dem Konzert des Mundharmo­nika-Spezialisten Max de Aloe und sei­nes Quartetts ganz im Zeichen der Mu­sik. Vor nicht allzu langer Zeit hat Aloe noch CDs aufgenommen mit den Songs der isländischen Sängerin Björk oder de­nen von David Bowie, sein Bird­land-Konzert steht freilich unter dem Titel „Ciao Toots“ und ist eine Verbeugung vor dem 2016 verstorbenen Toots Thiele­mans, dem wichtigsten Harp Player, den der Jazz vermutlich je hatte. Thielemans hätte vor kurzem seinen 100. Geburtstag gefeiert, deswegen würdigen ihn De Aloe am chromatischen Instrument, Lo­renzo Petrocca an der Gitarre, Franco Petrocca am Kontrabass und Tommy Bradascio am Schlagzeug mit Standards, eigenen Stücken und auch Kompositio­nen Thielemans.

Die Mundharmonika ist ganz im Ge­gensatz zum Blues ein im Jazz eher sel­tenes Instrument, klingt bei Thielemans und auch bei seinem Schüler und Be­wunderer De Aloe ungleich reiner, sau­berer als in der Bluesharp-Variante, ist mehr am Schönklang orientiert. De Aloes Interesse an klar umrissenen Me­lodien und nachvollziehbarer Linienfüh­rung ist von Anfang an deutlich erkenn­bar und so entsteht im Birdland-Gewölbe sehr schnell eine Atmosphäre gefälligen Mainstreams mit einer mit Hall unterleg­ten Mundharmonika im Mittelpunkt, die in der Gitarre Lorenzo Petrocca’s und dessen perlenden Läufen einen konge-nia­len Partner hat. Die Latin-Versi­on von Thielemans‘ „Bluesette“, Marco Valle’s hierverdächtiger „Samba De Ver­ao“ und schließlich der berühmte Gas­senhauer „Besame Mucho“ von Consue­lo Veláz­quez in der Zugabe legen Zeug­nis davon ab, wie sehr die Band auf die Bedürfnis­se des Publikums eingeht und auch den Flirt mit dem Easy Listening nicht scheut.