Matthias Bätzel Trio feat. Red Holloway | 19.11.1999

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

Irgendeiner aus dem erlauchten Zirkel der sieben unwissenden Musikjournalisten hat einmal das Gerücht in Umlauf gesetzt, Soul und Funk seien ausschließlich die Sache afroamerikanischer Freaks. Ausgemachter Blödsinn!

Wie sehr der hammondorgel-dominierte Höllengroove inzwischen zur globalen Angelegenheit gereift ist, beweisen die keinesfalls überraschenden Erfolge deutscher Vorzeigejazzer wie Klaus Doldinger oder Barbara Dennerlein und nicht zuletzt der Newcomerband „Grooveyard“. Um deren Begleitung reißen sich zunehmend Stars aus der US-Szene, wie etwa „Bluesmaster“ Red Holloway. Kunststück: keiner reproduziert den federnd-lässigen Sound der „Blue Note“-Sessions aus den späten 60er Jahren so nah am Original, wie die drei Musiker aus der Bannmeile der Münchner Szene. Mit dem munteren Trio stattete Holloway nun auch dem „Birdland“ Jazzclub in Neuburg einen Besuch ab, der zwei gegensätzliche Pole schiedlich-friedlich miteinander vereinen sollte.

Denn Altfans lächeln beglückt und bemühen Vergleiche von Jack McDuff und Jimmy McGriff, junge, tanzwütige „Techno“-kraten beäugen neugierig das schwitzende Gebräu und entdecken eine verlockende Einstiegsdroge in die geheimnisvolle Welt des Jazz. Der Gig in Neuburg trat einmal mehr den schlagenden Beweis an: das Revival der Hammond erweitert auf wundersame Weise den Kreis der Anhänger dieser ewig als intellektuelle Kopfmusik gescholtenen Kunstform. Das lag natürlich auch an den vielen diskreten Kompromissen von Organist Matthias Bätzel, gerade hinsichtlich der nicht ganz einfachen Akustik im Kellergewölbe der Hofapotheke.

Dem schüchternen Tastentalent aus Weimar fehlt zwar das hexerische Charisma eines Jimmy Smith. Doch selbst ohne Geschwindigkeitsrekorde sonderte Bätzel viele ansteckende erdig-wellenförmige Linien ab, die sogar die neuzeitliche XB-3-Variante der Hammond animalisch fauchen ließen. Die Gitarre des Würzburgers Michael Arlt zog geschmackvolle Bluesschleifen im Stile eines Kenny Burrell (bei „East Coasted“) oder sägte sich schroff durch kochende Up-tempo-Nummern („Basic Instinct“, „One O` Clock Jump“), während der Rosenheimer Michael Keul am Schlagzeug grundsolides Time-keeping ablieferte.

Doch ohne den spektakulären Sax-Cry wäre der vielgelobte Hammond-Groove nur die Hälfte wert. Einer wie Red Holloway paßt sich sowohl rotzig-schmachtend am Tenor, wie auch makellos intonierend am Alto (der Song über einen Transsexuellen „You`ve Changes) der brodelnden Soul-Funk-Stimmung an. Selbst Vergleiche mit einem Hank Crawford, einem Pee Wee Ellis oder gar einem Maceo Parker muß Holloway nicht fürchten. Er ist der augenblicklich witzigste und eleganteste Saxophonist des Genres und obendrein noch ein herrlicher „Crooner“ mit großer Entertainment-Begabung.