Antonio Farao Trio | 12.11.1999

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Der Mailänder Pianist Antonio Faraó darf nach seinem Auftritt im Neuburger Birdland tatsächlich nicht mehr nur als ein Rising Star angesehen werden. Seine ganz eigene Sprache am Piano vereinigt klassische Ausbildung, Tradition und Moderne in einer überzeugenden Mischung. Gemeinsam mit Bob Formanek am Baß und Dejan Tezic am Schlagzeug entwickelt er fantasievoll-pastellfarbige Klanggemälde.

Faraó entwirft reiche Bilder von intellektueller Tiefe und mediteranem Flair. Standards (It ain´t nessecarily so) wie Originals (Brother Kenny) perlen klar, filigran und mit ornamentalem Reichtum. Faraó entflicht aus chromatisch gesetzten Akkordfolgen modale Linien, die er allmählich, geduldig und sensibel zu einem Ganzen entfaltet, zart und zerbrechlich wie ein Schmetterling an einem Frühlingsmorgen. Dann wieder – bei Bill Evans´ „Turn out the Stars“ – schiebt er die Harmonien zusammen, so daß sie sich förmlich auftürmen in temperamentvoll eruptiven Verwerfungen, schrundige, schroffe Kanten wie ein funkelnder Kristall. Ellingtons „Caravan“ löst sich auf in die flirrende Durchsichtigkeit einer kaum erahnten Fata Morgana, die in je größerer Nähe desto klarer und unwirklich lichter zugleich wirkt.

Der New Yorker Bob Formanek setzt am Bass Linien von ausgewogener Leichtigkeit in die Welt. Irgendwo in der ganzen Hektik des Big Apple muß es einen Platz geben, der es ermöglicht, Ruhe zu tanken, Ausgeglichenheit und Balance des Daseins. Formanek baut an einer feingliedrigen rhythmischen Architektur, die stabile Räume der Improvisation des bemerkenswerten Trios eröffnet. Daran nicht minder beteiligt ist der Nürnberger Schlagzeuger Dejan Terzic, der erneut bestätigte, daß er eine der großen Hoffnungen des deutschen Jazzschlagzeugs ist. Terzic hat ein intensives Gespür für die rhythmische Feinabstimmung, das er mit Kreativität und konzentriertem Einfühlungsvermögen einsetzt.

Der Auftritt der drei bestätigte einmal mehr, wie sehr die Trioformation im Jazz ein Höchstmaß an Freiheit mit einem Optimum an Zusammenspiel vereinen kann. Die gemeinsame Basis dient der gleichzeitigen Entfaltung individueller Statements, Ideen und Improvisationen. Faraó, Formanek und Terzic kultivieren hingebungsvoll die Kunst des Zuhörens, Voraussetzung jeglichen Zusammenspiels, nehmen gegenseitig Anregungen auf, spielen sich die Bälle zu, swingen in eindrucksvoller Geschlossenheit.