Masha Bijlsma Band feat . Dick De Graaf | 27.10.2000

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Durch die Zeitebenen des Jazzgesangs geschickt wurden die Zuhörer bei dem Konzert der holländischen Sängerin Masha Bijlsma und ihrer Band im Neuburger Birdland. Der Keller unter der Hofapotheke wurde einmal mehr seinem Ruf gerecht, eine außergewöhnlich dichte Konzertatmosphäre zu ermöglichen.

Es gibt nicht allzu viele Sängerinnen ihres Formats auf dem alten Kontinent. Masha Bijlsma singt ohne Netz und doppelten Boden. Ehrlich und direkt moduliert ihre Stimme, balanciert gekonnt mit Themen und Motiven, jongliert mit Skalen und Rhythmen, weiß sich einzusetzen und zurückzuhalten. Masha Bijlsma verleugnet ihre Traditionsverbundenheit ebenso wenig wie ihre Lust am unaufdringlichen Experiment. Die Kompositionen von Thelonious Monk haben es ihr besonders angetan, „Rhythm´a´Ning“ oder „Deep Song“ erklingen mit großem Einfühlungsvermögen in die skurril-humorvolle Seele des großen Pianisten, ebenso wie die Monk-Hawkins-Komposition „I Mean You“. Auch bei Balladen findet Masha Bijlsma mit leichtem Melos jene swingende Grundstimmung, die das Leben dann doch wieder erträglich erscheinen lässt. Die Eigenkomposition „Lebo“ dagegen beginnt mit einem Ausflug in die Freiheit. Lautmalerische Klangspiele münden in einen schweren Groove von Bass und Schlagzeug, der den Hintergrund abgibt für wolkenverhangene vocals und dichte Soli.

Rob van den Broeck spielt das Piano je nach Bedarf mit ein wenig Monk in der rechten und viel Bill Evans in der linken Hand oder umgekehrt, Dries Bijlsma am Schlagzeug unterlegt den Gesang seiner Tochter mit klaren rhythmischen Strukturen und Gulli Gudmundsson präsentiert sich als kernig seelenvoller Bassist. Dick de Graaf bietet sein Tenorsaxophon mit erdigem Ton dar, warm und bewusst. Er reflektiert und kommentiert, erzählt unaufgeregt und daher um so nachdrücklicher kleine Geschichten vom Leben, wie es wirklich ist mit Höhenflügen, die nie so ganz abheben und Tiefen, deren Dunkel immer auch das Licht am Ende des Tunnels zulässt.

„When I´m Going to Chicago“ – der unvermeidliche Zugabenblues konnte den insgesamt erstklassigen Eindruck nicht trüben. Ihm folgte noch ein „How Long Has This Been Going On“ im Duo mit Rob van den Broeck. Spätestens da sollten sich alle Zuhörer zu Fans einer bemerkenswerten Sängerin bekehrt haben.