Die Referenz ist immer noch Stephane Grappelli, Urvater und Vorbild aller geigenden Gypsy-Jazzer. Martin Weiss ist unverkennbar einer der Jünger des 1997 verstorbenen Mitbegründers des Pariser Quintette du Hot Club de France, das seit 1933 die erste eigenständige europäische Spielart des Jazz definierte. Weiss hat sich die unverkennbare, einschlägige Mischung aus Virtuosität, Leichtigkeit und luftig lockerem swing durch und durch zu eigen gemacht, so dass er seit Jahren selbst als einer der Großen der Szene Geltung beanspruche darf.
Kaum einer lässt den Bogen so wohl dosiert über die Saiten streiche(l)n wie der 53jährige Berliner. Kaum einer hat die Mischung aus Sentiment und Temperament, Tristesse und Lebenslust derart im Gefühl wie er, kaum einer streift so souverän durch die Gefilde der Tradition zwischen ungarischen Roots, Csárdás, Swing und Gypsy Jazz.
Mit seinem Onkel Hänsche Weiss hat er ein gut Teil deutscher Jazzgeschichte mitgeschrieben, das Trio der beiden mit Vali Mayer ist Legende. Die Reunion war geplant, ein erster gemeinsamer Auftritt nach langen Jahren der Funkstille im Audi Forum Ingolstadt im Frühjahr weckte allseits Lust auf mehr. Leider spielt das Leben bisweilen anders als geplant, eine Herzattacke brachte Hänsche Weiss auf die Intensivstation, wo er seit Wochen im Koma liegt. Alle guten Wünsche und Gebete mögen seine Genesung begleiten. Martin Weiss ließ Zuversicht erkennen.
Mit dem ab und an Satchmos Gesang aufnehmenden Vali Mayer am Bass und dem vielfach bewährten Holzmano Winterstein an der Rhythmusgitarre ließ das Trio den Genesungswünschen Musik folgen von faszinierender Gefühlstiefe und intimem Zusammenspiel, jeder Ton getragen von Sorgfalt, lebhafter Empfindung und herzenswarmer Kunst.