Martin Taylor Quartet – Gypsy Journey | 19.09.2009

Donaukurier | Clara Fiedler
 

Gefällig ist das falsche Wort. Und doch trifft es ziemlich ins Schwarze. Denn was der Pianist Jermaine Landsberger und der Gitarrist Martin Taylor am Samstag im Birdland ablieferten, war Musik, die trotz ihrer Virtuosität sofort begeisterte. Man braucht nicht diese ersten zehn Minuten, um sich darauf einzulassen, sich auf Ungewohntes einzustellen, man rutscht sofort mitten rein und will dann auch so schnell nicht wieder raus. Vielleicht liegt es daran, dass der Jazz der Sinti dem jeweiligen Musiker einen verdammt hohen Präzisionsgrad abverlangt. Da gibt es kein früher oder später, sondern nur ein Jetzt, das im nächsten Moment auch schon wieder Geschichte ist. Selten nur erlaubt sich der Schlagzeuger, aus dem rasanten Swing auszubrechen und den Rhythmus zu verfremden. Und die Soli der Protagonisten sind sprudelnde Quellen voller energiegeladener Ideen, deren Fluss niemals unterbrochen wird. Die Finger scheinen fast alleine über Saiten und Tasten zu laufen und nach dem Konzert bekräftigt Jermaine Landsberger, was sowieso unüberhörbar war. „Wir hatten so einen Spaß auf der Bühne, aber das habt ihr ja gemerkt.“
Und wie. Eine bekannte Harmoniefolge entsteht unter diesen Zauberhänden, mündet in eine Melodie, die auch mal selbstvergessen daher kommt und bringt einen unwillkürlich zum Grinsen. Weil man sie schon so oft gehört hat und sie niemals langweilig oder abgenutzt wirkt. Weil sie fast ein bisschen wie ein geliebter Mensch ist, der einem immer wieder aufs Neue begegnet, über dessen unerwartete Anwesenheit man sich freut.
Da spielt der Schotte Martin Taylor scheinbar völlig in sich versunken „All the Things You are“ und hört sich dabei selbst zu, ohne zu verschwinden.
Und Davide Petrocca am Kontrabass gibt volle, blitzsaubere Töne und entlockt dem Instrument, das unter den Händen von so manchem Kollegen schwerfällig wirkt, Melodien, Linien, zusammenhängende Phrasen, Basssoli, bei denen man am liebsten mitsingen würde.
Nicht minder erstaunlich der Schlagzeuger Sebastiaan de Krom, der mit unheimlichem Witz endlos lange Passagen spielt, das Publikum in seinen Bann zieht, es loslässt, es wieder anlockt und das so gekonnt, dass man herzlich lachen muss über diesen verschmitzten Rhythmiker, der seine Gefangenen so liebevoll auf den Arm nimmt.
Am Schluss durfte natürlich Django Reinhardt nicht fehlen. Als Martin Taylor Endlich „Nuages“ anstimmt, da ist man schon hoffnugslos verloren in dieser schwermütigen Leichtigkeit, die diese Kompositionen haben. Aber anstatt ein Klischee zu bedienen, lassen sich die vier zu einer zweiten Zugabe überreden und reißen einen mit einer halsbrecherischen Version von Charlie Parkers „Billie’s Bounce“ aus der Melancholie. Fast schon ein Tritt in den Hintern, der so punktgenau gesessen hat, wie jeder einzelne Ton an diesem Abend.