Maria Baptist Trio + 1 | 29.09.2017

Donaukurier | Karl Leitner
 

Die Pianistin und Komponistin Maria Baptist aus Berlin ist in verschiedenen Ausführungen zu haben. Es gibt sie als Solistin, als Teil eines Duos, mit Streichquartett oder als Leiterin eines eigenen Orchesters. Ins Neuburger Birdland bringt sie mit dem Bassisten Fabian Timm und dem Schlagzeuger John Bretsch ihr aktuelles Trio mit, das freilich durch den Zusatz „Plus One“, womit Jan von Klewitz und sein Altsaxofon gemeint sind, zum Quartett erweitert wird.

Die Birdland-Besetzung ist exakt die, mit der sie ihr brandneues Album „Poems Without Words“ eingespielt hat, das sie in Neuburg erstmals live präsentiert. Wobei der Titel durchaus Programm ist. Denn wie Gedichte in der Regel gewissen Gesetzmäßigkeiten hinsichtlich des Rhythmus oder des Reims gehorchen, sind auch die Kompositionen über weite Strecken ausnotiert, genügen also einer vorab von der Komponistin festgelegten Form, laufen innerhalb fester Strukturen ab. Und weil einem die beim ersten Hören überaus kompliziert, kontrastreich und fast schon sprunghaft vorkommen, verwundert es auch gar nicht, dass zur Sicherheit Notenpulte auf der Bühne stehen, obwohl man natürlich davon aus-gehen kann, dass Balladen wie „On Top Of The Mountain“ und flotte Stücke wie „Runnin‘“ nach etlichen Stunden im Aufnahmestudio durchaus „sitzen“.

Es gibt verspielte Phasen, mäandernde Läufe, die Musik ufert aus, sprudelt, quillt über, bewegt sich auf harmonisch unerwartetem Terrain. Es gibt griffige Melodien, straighte Rhythmen und in „Hell’s Kitchen“ sogar funky Grooves, die den Hörer in ihren Bann ziehen. Dann wieder ziehen verspielte Phasen, mäandernde Läufe die Aufmerksamkeit auf sich, die Musik ufert aus, sprudelt, quillt über, bewegt sich auf harmonisch unerwartetem Terrain. Und plötzlich ist da nichts Einengendes mehr, die Musiker verständigen sich durch Blicke, durch die Mimik, nicht über Notenblätter. Und jeder leistet seinen Beitrag, wobei sich – neben Maria Baptist, die nicht nur eine experimentierfreudige Komponistin, sondern auch eine überragende Solistin ist – Jan von Klewitz besonders hervortut. Sein ungemein kraftvoller Ton reißt ein ums andere Mal Grenzen ein, Grenzen, die ja auch von Lyrikern auf deren Terrain oft genug und gerne überschritten oder negiert werden. Wobei es hier wie dort freilich von Vorteil ist, um deren Existenz zu wissen. Eine vermeintlich gültige Regel absichtlich mit Lust und Esprit umgehen kann man schließlich nur, wenn man weiß, dass da eine Regel ist.

Es sei kammermusikalischer Jazz, den Maria Baptist schreibe und spiele, kann man nachlesen. Er habe Elemente der Klassik in sich, er bilde Atmosphären und Stimmungen ab, heißt es. Stimmt alles, aber am meisten punktet Maria Baptist durch ihre ungeheure Kreativität, durch den Wagemut, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen, auf diese Weise solch bezaubernde Gedichte ohne Worte zu erschaffen und sich dabei dennoch niemals zu verlieren.